Seite:Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1801) Seite 146.jpg

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Darstellung des Augenarzt dem Publikum Theilnahme, Erwärmung, und Beyfall, abgewinnen wird. Denn das Rührende und Belustigende, welches abwechselnd aus so mancher einzelnen Situationen hervortritt, verdrängt unfehlbar das strenge Nachgrübeln: ob nicht das sprudelnde Feuer des Dichter bey der Structur des Ganzen eine oder die andere sistematische Vorschrift der Dramaturgie übersprungen hat? – Diese oberflächlichen Remarquen sind unstreitig auch für die heutige Darstellung auf Hamburgs Bühne eigenthümlich geltend, und concentriren sich darauf, daß hier der Augenarzt mit der besten Auswahl besezt ist, daß iede Rolle mit critischem Nachdenken, und applicativer Kunst, bearbeitet, daß dadurch das Wesentlichste zur Wohlgefälligkeit befördert wird.

Als Canzleydirector Löwe verdiente Herr Stegmann den einstimmigsten Beyfall. Schlichte Rechtschaffenheit, durch Denkart und Thaten bestätigt; einziges Leben und Weben in seinen Berufsgeschäften; daraus entsprungene, ihm zur andern Natur gewordene, Gleichgültigkeit gegen Alles, was ihn bey deren Bearbeitung zerstreuen, in ihrer Erfüllung stören, kann; temperamentisches Pflegma, mit sittlicher Pedanterie gemischt, sind die einzelnen Bestandttheile, aus welchen die dichterische Phantasie dieses Original geformt hat, und ieden derselben eignete sich Heute Herr Stegmann durch studirte Kunst zu – als wenn er ihm angebohren wäre.

Madame Löwe, seine Gattin, ein Weib, deßen Herz im Grunde nicht schlecht, das aber durch Erziehung,