Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.1.djvu/181

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Woher aber rührt es, daß nicht jede Schönheit die nehmliche Wirkung auf alle Menschen macht: woher die Verschiedenheit des Geschmacks? – Plato begegnet diesem Einwurfe auf folgende Art: „Eine jede Seele verehrt denjenigen Gott, ahmt demjenigen Anführer nach, in dessen Gefolge sie den Kreislauf vorhin gemacht hat. Sie nimmt seine Natur an, und Eros wirkt ganz anders auf den ehemahligen Genossen des Zevs, als des Mars oder eines andern Gottes. Dieß hat zugleich den größten Einfluß auf die Art, wie der Geliebte behandelt wird. Denn je nachdem die Seele des Liebhabers diesen oder jenen Gott zum Anführer hatte, wird sie in dem Geliebten andere Vorzüge achten, und ihn nach einem verschiedenen Ideale auszubilden suchen. [1] Bey dieser Bemühung wird sie aufmerksamer auf sich selbst, ruft die vorigen Erinnerungen deutlicher zurück, und indem sie den Gott, dem sie vorher gefolgt war, unverwandt ins Auge faßt, wird sie ihm in seinen Sitten und Neigungen immer ähnlicher. So schreibt sie dem Geliebten den Grund ihrer eigenen Veredlung zu, und dieser wird ihr dadurch immer theurer.“

„Die edlere Seele sucht folglich den Geliebten zur vollkommensten Aehnlichkeit mit sich selbst und mit ihrem Gotte zu bringen. Dieß ist der schöne Zweck der Vollendung, dem sie nachstrebt, und der auch den Geliebten beglückt, wenn er von dem leidenschaftlich Liebenden gefangen wird.

Nun folgt eine schöne Beschreibung von der Art, wie der Wagenführer in der Seele das eine trotzige,


  1. Wahrscheinlich liegt hier die Idee von dem Einfluße der Planeten unter.