Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.1.djvu/65

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Landes-Sitte zu beziehen. [1] Daß die Weiber in Athen ihre Männer allgemein als Herren betrachtet hätten, läßt sich daraus nicht folgern. Uebrigens werden diese Danaiden als muthige Weiber geschildert, die den Tod weniger, als eine verhaßte Verbindung fürchteten. Sie finden Schutz bey den Argivern. Ihr Vater Danaus ermahnt sie, ihre Unschuld dem Leben vorzuziehen, und sie weihen sich gern der keuschen Diana, wenn sie nur vor[WS 1] einer gezwungenen Heirath bewahrt bleiben können.

Dieß sind die Züge, die ich aus dem Aeschylus ausgehoben habe, um seine Denkungsart, die ich zugleich für die der gebildeteren Klasse seiner Zuhörer halte, näher zu bestimmen. Rohe Größe war der Charakter dieses Zöglings der Natur und seines Zeitalters. So leicht diese zum Uebermuth gegen das zärtere Geschlecht führen kann, so findet sich doch davon keine Spur in seinen Werken. Es erscheint vielmehr die Matrone bey ihm mit wahren Tugenden, oder wenigstens mit einer Seelenstärke ausgesteuert, die ihr die Achtung, oder doch das Interesse der Zuschauer sichert. Nirgends wird sie von den Rechten der menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen, und bis zur Sklavin, oder bis zum eingekerkerten Familienmitgliede herabgewürdigt. Sie erscheint frey und selbständig, aber freylich dem Manne untergeordnet, und weniger als er geschätzt.

Die Geschlechtsliebe hat dem Aeschylus kein Süjet zu einem von denjenigen Trauerspielen dargeboten, die uns noch von ihm übrig sind. Aber eine große


  1. Vergl. Herodot II 35.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: von (siehe Verbesserungen)