Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.1.djvu/86

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und seiner Person einen Herrn geben. Wie oft läuft es dann Gefahr, einen bösen zu bekommen! Es wird der Gattin immer verdacht, wenn sie sich von dem Manne scheiden läßt. Und doch müßte sie eine Prophetin seyn, um ihn, dessen Sitten und Willen sie forthin unterworfen wird, zum Voraus zu kennen. Wohl ihr, wenn sie durch Güte, durch gute Aufführung nur kein zu schweres Schicksal verdient, sonst ist es besser für sie, zu sterben. Wenn der Mann Leiden zu Hause hat, so geht er aus, und tröstet sich mit Freunden und Bekannten. Wir sitzen daheim, und erwarten unser Schicksal von Einer Seele. Man wirft uns vor, wir lebten zu Hause ohne Gefahr; aber lieber will ich mich dreymahl ins Feld stellen, als Ein Mahl die Wehen des Kindbettes erdulden. Und glücklich noch, wer in seinem Vaterlande unter Freunden und Verwandten wohnt! Ich aber leide und bin fremd und verlassen, und habe Niemanden, der mich rette. Darum will ich mich rächen! Das furchtsame Weib, ungeschickt zum Kriege und zum Anblick des Schwerts, fühlt sich zur grausamsten Rache fähig, wenn seine ehelichen Rechte gekränkt werden!“

So Medea! Das Chor antwortet: „Mit Recht rächst du dich an dem Gatten: mit Recht beklagst du dein Schicksal!“

Noch aber hält der Dichter den Zorn seiner Medea nicht hinreichend durch die Untreue Jasons motiviert. Creon, der Vater ihrer Nebenbuhlerin, muß sie aus dem Lande mit ihren Kindern treiben wollen.

„O Liebe!“ ruft Medea aus, „welch Unglück bringst du über die Menschen!“ „Das ist darnach“, antwortet Creon, „wie es das Schicksal lenkt!“