Seite:Ravensburg Verkehrsleben 20.jpg

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Über die Billigkeit der Eisenbahnpersonenfahrtaxen scheint man sich vorher allzu sanguinischen Hoffnungen hingegeben zu haben; denn es war über ihre unerwartete Höhe im ganzen Land, von Heilbronn an bis an den Bodensee hinauf nur eine Stimme des Mißvergnügens, zumal die Provinzbewohner noch außerdem glaubten, daß die Hauptstadt samt Umgebung gegenüber ihnen in dem Tarif begünstigt worden sei. Nun ist soviel sicher, im Vergleich mit den ältern Verkehrsmitteln brachte die Eisenbahn und ihr Personentarif eine erhebliche Verbilligung. Eine Fahrt mit dem Postwagen kam samt der Einschreibgebühr und dem vorgeschriebenen Postillonstrinkgeld für die Wegstunde auf 14 bis 18 Kreuzer; die Wegstunde Bahnfahrt dagegen kostete in den damals vorhandenen drei Wagenklassen 4, 6 bezw. 8 Kreuzer. Das macht gegenüber den heutigen Bahntarifen immerhin 7 bis 10 % weniger aus; d. h. wenn man das inzwischen eingetretene Sinken der Kaufkraft des Geldes unberücksichtigt läßt; dagegen war die damalige niedrigste, die dritte Wagenklasse, gegenüber der seit einigen Jahren bestehenden vierten um etwas teurer.

Es stand noch mehrere Jahre an, bis die württembergischen Bahnen mit denen der Nachbarstaaten, und durch diese dann mit denen der übrigen Welt, den unmittelbaren Anschluß fanden. Gegen Baden erfolgte dieser 1853 in Bruchsal, gegen Bayern im darauffolgenden Jahr zu Ulm. Damit erst vermochten die Schienenstraßen ihrer Bestimmung als völkerverbindende Anstalt völlig gerecht zu werden.


XIII. [Telegraphenwesen]

Zu den Anfängen des Telegraphenwesens übergehend, mag erwähnt werden, wie aus den ravensburgischen Archivakten hervorgeht,[1] daß schon in den französischen Revolutionskriegen der Bezirk von einer Telegraphenlinie durchzogen war, allerdings keiner elektrischen, sondern einer optischen, welche der Erzherzog Karl 1799 bis 1800 hatte anlegen lassen. Eine der Telegraphenstationen befand sich zu Wilhelmskirch (11/2 Stunden von Ravensburg). Von da ging die Linie in der Richtung auf Stockach und Donaueschingen weiter, da sich an dem letztern Orte das Hauptquartier des Erzherzogs befand. Ihre Entstehung verdankten diese und andre österreichische Feldtelegraphenlinien dem Umstande, daß eben um jene Zeit – entweder von dem Elsaß oder von der Schweiz her – ein neuer Einfall französischer Heere zu gewärtigen war, der dann Ende Aprils desselben Jahres in der Tat erfolgte, unter Moreau, der die Österreicher aus Oberschwaben vertrieb; infolgedessen gingen deren Feldtelegraphen dort selbstverständlich ein. Dafür aber ward Süddeutschland vom Dezember 1800 an bis zum Lünéviller Friedensschluß von einer französischen optischen Feldtelegraphenverbindung durchquert, die von Augsburg bezw. von Moreaus jeweiligem Hauptquartier über Ulm, Schaffhausen und Basel nach Straßburg führte, das einen der Endpunkte des stabilen optischen Telegraphennetzes bildete, welches Frankreich nach dem System Chappe seit 1793 sich angelegt hatte.


  1. [S. 20, Anm. 1:] Der erstmalige Gebrauch des Wortes Telegraph geht dergestalt in den Ravensburger städtischen Akten schon auf den 7. März 1800 zurück. An diesem Tage nämlich weist der Magistrat der Reichsstadt den Waibel Bentele von Schmalegg an, den bei der Telegraphenstation zu Wilhelmskirch angestellten, unter den Befehlen des k. k. Hauptmanns v. Albek stehenden Pionieren das nötige Brennholz im Dannsberg anzuweisen, um zu verhüten, daß sie, wie vordem, „eigens Gewalts“ solches wegnehmen möchten.