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eine Art Toga umgeschlagen hatte, — man konnte ihn auf den ersten Blick fast für einen Geistlichen halten. Er schien über irgend etwas sehr erregt und sprach eifrig auf seine Begleiter ein, — in einem ganz eigentümlichen, monoton singenden Tonfall. Gerade als sie uns überholten, hörten wir ihn sagen:

„Ja — bis vor drei Jahren konnte man sie noch für zwei Mark auf jeder Dult finden — aber jetzt haben die Juden alle aufgekauft, und unter zehn Mark sind überhaupt keine mehr zu haben.“

Gegen Ende des Satzes ging seine Stimme allmählich mehr in die Höhe, und zum Schluß kam ein kurzes, schrilles Auflachen. Als er uns sah, machte er eine halbe Wendung seitwärts und grüßte den Philosophen. Deutlich sah ich in diesem Moment sein breites, glattrasiertes Gesicht mit auffallend hellen, leuchtenden Augen, das aber trotzdem etwas absolut Unbewegliches, beinah Starres hatte. Beim Grüßen verzog er den Mund zu einem äußerst konventionellen Lächeln, in der nächsten Sekunde aber nahm er wieder einen steinernen und völlig ablehnenden Ausdruck an und ging rasch mit kurzen, eiligen Schritten seines Weges.

Der Philosoph schien sich an dieser Begegnung und der aufgefangenen Bemerkung ungemein zu freuen:

Lupus in fabula,“ sagte er — „Sie haben wirklich Glück, Herr Dame — dieser Herr, der mich eben grüßte, ist — nun man könnte ihn wohl den geistigen Vater

Empfohlene Zitierweise:
Fanny Gräfin zu Reventlow: Herrn Dames Aufzeichnungen. Albert Langen, München 1913, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Herrn_Dames_Aufzeichnungen.pdf/37&oldid=- (Version vom 1.8.2018)