Seite:Reventlow Herrn Dames Aufzeichnungen.pdf/39

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„Schön — also Delius denkt sich nun diese Seelensubstanzen von den ältesten Zeiten her wie Gesteinschichten übereinander gelagert, etwa zuunterst die der alten Ägypter, Babylonier, Perser — dann die der Griechen, Römer, Germanen und so weiter. Man nennt das biotische Schichten. — Seit der Völkerwanderung, meint er nun, habe sich alles verschoben, die Substanzen sind durcheinandergemischt und dadurch verdorben worden. Infolgedessen wirken bei den jetzigen Menschen lauter verschiedene Elemente gegeneinander, und es kommt nichts Gutes dabei heraus. Nur bei wenigen (und das sind natürlich die Auserlesenen) hat sich eine oder die andere Substanz in überwiegendem Maße erhalten — zum Beispiel bei ihm selbst die römische — er fühlt und empfindet durchaus als antiker Römer und würde Sie höchst befremdet anschauen, wenn Sie ihm sagten, er lebe doch im zwanzigsten Jahrhundert und sei in der Pfalz geboren. Denn seine Substanz ist eben römisch. Bei Heinz Kellermann und dessen Freunden dagegen herrscht die altgermanische vor, — daher auch die stark betonte Vorliebe für Blonde und Langschädel.“

„Aber lieber Doktor, sagen Sie mir nur noch das eine: — was hat das alles damit zu tun, daß dieser Stadtteil Wahnmoching heißt?“

„Herr Dame — denn Sie heißen ja wirklich so,“ sagte der Philosoph, und ich konnte es ihm in diesem

Empfohlene Zitierweise:
Fanny Gräfin zu Reventlow: Herrn Dames Aufzeichnungen. Albert Langen, München 1913, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Herrn_Dames_Aufzeichnungen.pdf/39&oldid=- (Version vom 1.8.2018)