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als ob ich Ihnen so viel zu sagen hätte, daß es nie ein Ende nimmt.“


8. März, nachmittags

„Eben komme ich von unsrer so schmählich zerrissenen Zusammenkunft im Dom zurück. Der Schrecken sitzt mir noch in allen Gliedern. Gott im Himmel, wenn mein Vater uns gesehen hätte — ich hätte mir auch denken können, daß er unserm Besuch die Kirchen zeigen würde.

Und was der Kirchendiener wohl gedacht hat, als wir auf allen vieren zwischen den Bänken durchliefen. Es war eine gute Idee von Ihnen, denn sonst hätten sie uns sicher gesehen.

Aber es war doch schön, daß wir uns wenigstens so lange in Ruhe unterhalten konnten.

Glauben Sie nur nicht, daß ich Ihnen unsre häuslichen Verhältnisse übertrieben habe. — Seit wir hier sind, habe ich mit Mühe erreicht, daß ich den ganzen Tag in meinem Zimmer sein kann und nicht mehr nähen muß. Da habe ich mir mit einer spanischen Wand eine Art Atelier eingerichtet, wo ich male und modelliere. Aber es ist unmöglich, allein weiterzukommen — ich darf weder Modelle nehmen, noch mir Gipsabgüsse ausleihen. Meine Mutter findet, ich soll dann wenigstens ‚hübsche, brauchbare' Sachen — Geschenke, Porzellanteller usw. machen. Das fällt mir natürlich nicht ein, und so bleibt mir nichts übrig, wie meine alten Stiefel und ähnliches zu malen. Davon hab' ich schon eine ganze Galerie. — Ich weiß ganz gut, daß meine Mutter mich auf diese Weise zwingen will, nachzulassen. Aber ich lasse nicht nach.

Es ist überhaupt ein fortwährender Krieg. ‚Jedermanns Hand wider jedermann.'

Mit meinem Vater kann ich auch zu keinem Verständnis mehr kommen, er hat sich in letzter Zeit mehr um mich gekümmert, aber es ist doch zu spät. Ich kann mich nicht freundlich mit ihnen stellen, wenn ich sie zugleich fortwährend hintergehen muß. Und das wieder muß ich, um zu meinem Lebensrecht zu

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Fanny Gräfin zu Reventlow: Ellen Olestjerne. München: Albert Langen, 1925, Seite 560. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Werke_0560.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)