Seite:Reventlow Werke 0581.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Widerstand. Der Gedanke an Friedl drückte sie wie ein schwerer Stein — gleich war sie erlegen, das erstemal, wo eine Versuchung an sie herantrat — ein paar Tage, ehe er zurückkehren sollte — sie, die jahrelang freudig hatte warten wollen.

Friedl kam — draußen beim Mühlwasser wartete sie auf ihn. Er war in Uniform, spielte mit seinen weißen Handschuhen, war verändert, fremd. Schon die Uniform kam ihr fast wie ein Verrat an ihren einstigen Idealen vor. Sie machte einen gezwungenen Scherz darüber, keiner wußte recht, was er reden sollte.

„Wir haben uns wohl beide verändert,“ sagte Ellen schließlich.

„Fühlst du das auch, Ellen?“ Es klang fast bewegt, und sie wußte mit einemmal, daß sie nicht lügen und schweigen konnte.

„Friedl, ich muß dir etwas sagen — du hast dich in mir getäuscht — —“

„Ellen,“ sagte er sehr ernst, „wir haben uns wohl beide getäuscht. Es ist mir eine Erleichterung, daß du das auch empfindest. Wir waren töricht, uns aneinander zu binden, ehe wir das Leben kannten und uns selbst. Eine schöne, wunderbare Zeit ist es gewesen, wie wir beide sie vielleicht nie wieder erleben werden — aber sinnlos, sie festhalten zu wollen, wenn wir beide fühlen, daß sie vorbei ist.“

Die Fremdheit schwand, sie konnte ihm jetzt alles sagen.

„Ja, siehst du, halb und halb hab' ich mir auch das gedacht. Und dann ist ja auch alles gut, nicht wahr, und wir können ohne alle Bitterkeit scheiden. Ich hatte so viel Sorge um dich, — aber er wird dir ein besserer Halt sein wie ich.“

Sie küßten sich noch einmal an der Stelle ihrer einstigen Liebesstunden. Dann ging Ellen allein hinunter an den Hafen, da klammerte sie sich mit beiden Armen an einen von den Kaipfosten, sah auf das schimmernde Wasser hinaus, und die Tränen liefen ihr übers Gesicht. Jetzt hatte sie zum erstenmal erfahren, daß etwas vergehen kann, woran man einst

Empfohlene Zitierweise:
Fanny Gräfin zu Reventlow: Ellen Olestjerne. München: Albert Langen, 1925, Seite 581. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Werke_0581.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)