Seite:Reventlow Werke 0599.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Lachen, gingen Arm in Arm durch die Stadt, verkauften Ellens Schmucksachen, um Rheinwein zu trinken, und kamen abends singend nach Hause, um das fröhliche Gelage fortzusetzen.

„Jetzt wollen wir doch endlich ein ernstes Wort über Ellens Zukunft reden,“ sagte dann Detlev, während er die mitgebrachten Flaschen auf den Tisch stellte — und gleich darauf klangen die Gläser und sie lachten. Selbst die Freundin schüttelte manchmal den Kopf — sie hatte ein warmes Interesse für diese beiden jungen Menschen und ihr Schicksal lag ihr sehr am Herzen. Aber was sollte wohl einmal aus ihnen werden, besonders aus Ellen, wenn das Leben sie hart anfaßte?

Dazwischen erwarteten sie jeden Augenblick, daß plötzlich irgendein Abgesandter der Familie erscheinen, Ellen zurückfordern und gewaltige Szenen und Stürme mit sich bringen würde. Aber es geschah nichts von alledem, es kam nur ein kurzer Brief von Ellens Vater an ihre Freundin; er sähe jetzt, daß er seine Tochter nicht mehr zurückhalten könne, sich ins Verderben zu stürzen.

Als der Bruder fort war, kam Ellen wieder etwas mehr zur Besinnung und fing an, Stellung zu suchen — fuhr hierhin und dorthin, meldete sich auf alle Annoncen oder bei Schulvorsteherinnen und Schulräten. Aber es vergingen Wochen, ohne daß sich irgendeine Aussicht bot. Ellen machte keinen vertrauenerweckenden Eindruck mit ihrem adligen Namen und ihren etwas abgetragenen Kleidern: einmal fand man, sie sähe viel zu jung aus, ein andermal erkundigte man sich nach ihren Familienverhältnissen.

Endlich kam Antwort auf eine Annonce, in der sie sich als Reisebegleitung oder Gesellschafterin angeboten hatte: sie sollte ihre Photographie einschicken und mitteilen, über welche Sprachen und Kenntnisse sie verfügte. Der Brief kam aus Straßburg und war mit „Louis Michel“ unterzeichnet. In einem zweiten Schreiben wurde sie aufgefordert, zu einer persönlichen Vorstellung nach Köln zu kommen.

Lisa und Ellen ergingen sich in Vermutungen —

Empfohlene Zitierweise:
Fanny Gräfin zu Reventlow: Ellen Olestjerne. München: Albert Langen, 1925, Seite 599. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Werke_0599.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)