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zusammen zurück, als der Zug fort war und sprachen über Ellen.

„Ich wollte ihr wünschen, daß sie endlich was fände,“ sagte die Freundin. „Das arme Kind, sie hat wirklich keine frohen Jahre hinter sich und gehört so sehr zu denen, die das Leben mit Jubel genießen möchten.“

„Glauben Sie eigentlich, daß sie diesen Allersen liebt?“

„Ach,“ Lisa machte ein Gesicht, „lieben — Ellen tut mit ihm, was sie will, und das ist ihr ganz bequem. Er hat gar kein Rückgrat — ich glaube auch nicht, daß die Geschichte noch lange dauert. Ich habe schon oft beobachtet, daß sie ganz ungeduldig wird, wenn ein Brief von ihm kommt.“

Dann trennten sie sich.


Ellen machte ihre ernsthafte Gouvernantenmiene — sie hatte sich ihr Benehmen für solche Fälle mit vieler Mühe einstudiert — zurückhaltend, liebenswürdig, bescheiden — und möglichst weltgewandt. Jede Bewegung mußte sagen: ich bin allem gewachsen, verlangt, was ihr wollt.

Innerlich kämpfte sie mit einer fast unbezähmbaren Lachlust — ihr zukünftiger Brotherr hatte sie am Bahnhof abgeholt.

„Wo wünschen Sie abzusteigen?“

Das wußte sie nicht, da sie hier ganz unbekannt war.

„Dann haben Sie wohl nichts dagegen, mit in mein Hotel zu gehen?“

„O nein, gewiß nicht.“

Als sie im Wagen saßen, fragte er rasch: „Es ist Ihnen doch nicht unangenehm, wenn ich Sie als meine Frau einschreibe — nur um alles Auffallende zu vermeiden.“

Es kam ihr etwas seltsam vor, aber sie fand es ganz lustig und dachte, es sei am besten zu tun, als ob alles ganz selbstverständlich wäre. Dann hatte er ein Zimmer mit Salon genommen und ließ das

Empfohlene Zitierweise:
Fanny Gräfin zu Reventlow: Ellen Olestjerne. München: Albert Langen, 1925, Seite 601. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Werke_0601.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)