Seite:Reventlow Werke 0654.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

brennenden Blick. Beinahe wie Freude kam es jetzt über sie: sie wollte es ja gerne tragen — ein Kind von ihm — ein Kind ihrer Leidenschaft. Neben all den seltsamen, beängstigenden Gefühlen, die ihrem Körper alle Spannkraft nahmen, erfüllte es sie mit wehmütig ahnender Wonne — ein Kind, ein Wesen, das ganz ihr eigen sein sollte — ihr, der Heimatlosen, die keine Stätte hatte auf der weiten Welt und keinen Menschen, der ihr die Arme auftat.

Als sie es Henryk sagte, konnte sie vor Bewegung kaum sprechen. Sie saß auf dem Bett und sah ihn an, — aber er schien nur erschrocken, ging rasch auf und ab in dem schmalen Raum und blieb schließlich vor ihr stehen:

„Das ist schlimm genug — was soll daraus werden?“

„Vor allem will ich jetzt an Reinhard schreiben, daß alles zwischen uns aus sein muß — das wollte ich ja schon lange.“

„Und dann?“

„Das weiß ich noch nicht — irgendwie wird es sich schon finden.“ Ellen lächelte. „Du brauchst keine Angst zu haben, Henryk, daß du mich heiraten mußt. — Du weißt doch, daß ich so wie so hier bleiben wollte, und ich werde mich schon durchschlagen. Wir haben ja alle nichts und leben doch.“

Henryk setzte sich neben sie, war gut und zärtlich: „Laß uns nur noch abwarten, Kind, vielleicht findet sich ein Ausweg, und es ist ja noch nicht so sicher. Geh' an die Arbeit und versuche, nicht immer daran zu denken.“

In dieser Zeit kamen wieder lange Briefe von Reinhard, er drängte zur Entscheidung, sie sollte jetzt von München fortgehen, es nicht mehr hinausschieben, denn wenn sie vor dem Sommer heirateten, war noch vieles zu ordnen. „Was ist mit dir, warum schreibst du nicht? Ich begreife nicht, daß du selbst jetzt nichts anderes im Kopf hast wie deine Malerei — auf alles, was ich schreibe, nicht eingehst.“

Ellen hatte ein langes Schreiben an ihn angefangen, schrieb Bogen auf Bogen, immer wieder konnte

Empfohlene Zitierweise:
Fanny Gräfin zu Reventlow: Ellen Olestjerne. München: Albert Langen, 1925, Seite 654. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Werke_0654.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)