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Werft’s in das Feuer,
um dem’s zu bringen,
der es hervorgebracht!
Die Flamme soll’s dem senden,
der es geschaffen!
Dann können’s nimmermehr die Feinde rauben.


11. Kapitel: Sions unvergleichlicher Schmerz
1
Dir, Babel, sag ich, Baruch, dies:

Wenn du in Blüte stündest
und Sion wäre noch in seinem vollen Glanz bewohnt,
so wär’s uns doch ein großer Schmerz,
daß du dann Sion glichest.

2
So aber ist’s für uns ein unermeßlich großer Schmerz,

ein Jammer ohne Maß,
daß du in Blüte bist
und Sion liegt verwüstet da.

3
Wer wird wohl über diese Dinge richten wollen?

Bei wem beklagten wir uns über unser Mißgeschick.
Herr! Wie hast du dies dulden können?

4
Es legten unsere Väter schmerzlos sich zum Schlafe nieder,

und die Gerechten schlummern friedlich in der Erde.

5
Denn sie erfuhren niemals solche Trübsal

und hörten nie von dem, was uns betroffen.

6
Ach Erde, hättest du doch Ohren!

Du, Staub, ein Herz!
Geht hin
und kündet es der Unterwelt
und sagt den Toten:
„Weit glücklicher seid ihr
als wir, die wir noch leben.“


12. Kapitel: Die Zeit des Zornes
1
Ich sag’s so, wie ich’s denke,

und rede, Erde, so vor dir,
die du in Blüte heute stehst:

2
„Die Mittagsglut wärmt nicht zu jeder Zeit;

es leuchten nicht der Sonne Strahlen unaufhörlich.

3
Glaub nicht!

Wähn nicht,
du könntest dich, zu aller Zeit in Blüte stehend, freuen!
Überheb dich nicht!
Prahl nicht!

4
Zu seiner Zeit regt sich auch gegen dich der Zorn,

der jetzt durch Langmut
gleichwie durch einen Zaun zurückgehalten wird.“

5
Nachdem ich dies gesprochen,

fast ich an sieben Tagen.