Seite:Riessler Altjuedisches Schrifttum ausserhalb der Bibel 1234.jpg

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2
Sie pries mich öffentlich als keusch

und im geheimen sagte sie zu mir:
Hab keine Angst vor meinem Mann!
Er ist von deiner Keuschheit überzeugt,
und sagte einer etwas über uns,
so würde er’s nicht glauben.

3
Infolgedessen schlief ich auf dem nackten Boden

und betete zu Gott,
vor ihren Ränken möge mich der Herr behüten.

4
Und als sie nichts vermochte,

besuchte sie mich abermals.
Sie nahm zum Vorwand, Unterricht bei mir zu nehmen,
um Gottes Wort zu lernen.

5
Sie sprach zu mir:

Willst du, daß ich die Götzen lasse,
willfahre mir!
Ich überrede meinen Ehgemahl, sich von den Götzen abzuwenden.
Dann wandeln wir in dem Gesetze deines Herren.

6
Ich sprach zu ihr:

Der Herr will nicht,
daß jene, die ihn fürchten, unrein wandeln;
er hat auch nicht an Ehebrechern sein Gefallen,
vielmehr an solchen, die mit reinem Herzen
und unbeflecktem Munde zu ihm flehen.

7
Darauf schwieg jene still;

dann stellte sie die Forderung,
ich möge ihre Lust befriedigen.

8
Da fastete und betete ich noch viel mehr,

der Herr mög mich aus ihren Schlingen retten.


5. Kapitel
1
Und wiederum zu einer andern Zeit sprach sie zu mir:

Willst du nicht ehebrechen,
dann will ich meinen Mann vergiften
und dich nach dem Gesetze heiraten.

2
Als ich dies hörte,

zerriß ich mein Gewand und rief:
Weib, fürchte doch den Herrn!
Vollbring nicht diese böse Tat,
damit du nicht zugrunde gehst!

3
Ich mache allen deine schlechte Absicht kund.

Da bat sie mich voll Furcht,
ich möchte ihren Plan doch nicht verraten.

4
Dann ging sie fort

und suchte durch Geschenke mich zu kirren
und schickt mir alle nur erdenklichen Genüsse.