Seite:Riessler Altjuedisches Schrifttum ausserhalb der Bibel 194.jpg

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da du eben erst von der Insel zu uns kommst
und etwas Erbauliches hören möchtest.

6
Schon früher schickte ich dir

eine Niederschrift denkwürdiger Nachrichten über das jüdische Volk;
sie verdienen meines Erachtens alle Beachtung.
Ich erhielt sie von den Oberpriestern, den gelehrtesten Leuten in Ägypten.

7
Mir, der ich mich der Erkenntnis des der Seele Heilsamen widme, liegt es ob,

allen Gleichgesinnten womöglich, vor allem aber dir es mitzuteilen.
Denn du hast das richtige Streben;
du bist nicht bloß dem Blut, sondern auch der Gesinnung nach mein Bruder,
eins mit uns im Streben nach dem Guten.

8
Denn Goldeswert oder sonst ein Besitz,

den andere in eitlem Wahn erstreben,
bringt nicht soviel Gewinn wie Bildung und das Streben darnach.
Doch wollen wir uns nicht in weitläufiger Vorrede geschwätzig erzeigen,
sondern auf den Verlauf der Geschichte zurückkommen.

9
Der Vorstand der königlichen Bibliothek, Demetrius von Phaleron,

erhielt große Geldsummen,
um womöglich alle Bücher der Welt zu sammeln.
Durch Ankäufe und Abschriften erfüllte er nach Kräften des Königs Wunsch.

10
Da wurde er in unserm Beisein gefragt,

wieviel tausend Bücher vorhanden wären;
er antwortete: Weniger als zweihunderttausend, König;
ich will aber in kurzem die Zahl zweihunderttausend voll machen.
Mir ist aber berichtet,
daß auch die jüdischen Gesetze
eine Abschrift und Aufnahme in deine Bibliothek verdienen.

11
Da sagte der König: Was hindert dich denn, dies auszuführen?

Dir stehen doch alle Mittel zur Verfügung.
Demetrius entgegnete: Sie bedürfen einer Übersetzung;
denn in Judäa hat man eigene Buchstaben,
wie auch die Ägypter ihre besondere Schrift haben;
auch redet man dort eine eigene Sprache.
Die Annahme, man rede die syrische Sprache, ist nicht richtig;
vielmehr ist es ein anderer Dialekt.
Auf dies hin befahl der König, an den jüdischen Hohenpriester zu schreiben,
damit der erwähnte Plan zur Ausführung käme.

12
Nun hielt ich die Zeit für gekommen,

für die Freilassung
der von des Königs Vater aus Judäa verpflanzten Juden zu sprechen;
vorher hatte ich schon oft den Tarentiner Sosibius und Andreas,
die Obersten der Leibwache, darum gebeten.
Als jener nämlich ganz Cölesyrien und Phönizien
mit ebensoviel Glück als Tapferkeit durchzog,
verpflanzte er einen Teil
und machte ihn zu Sklaven, indem er alles durch Schrecken unterwarf.
Dabei führte er auch an 100 000 aus Judäa nach Ägypten.

13
Von diesen stellte er etwa 30 000 Auserlesene unter Waffen