Seite:Riessler Altjuedisches Schrifttum ausserhalb der Bibel 221.jpg

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Wenn du gegen alle Menschen Wohlwollen erweisest und ihre Freundschaft erringst,
dann brauchst du niemanden zu fürchten.
Aber bei allen Menschen beliebt zu sein
und dies von Gott als Geschenk empfangen zu haben, ist das Allerschönste.

226
Er stimmte dem zu

und hieß den folgenden die Frage beantworten,
wie er seinen guten Ruf behalten könnte.
Er sprach:
Wenn du mit Gruß und Gnadenerweisen an alle freigebig und hochherzig bist,
dann fehlt’s dir niemals an gutem Ruf.
Flehe aber beständig zu Gott,
daß dir diese Tugenden erhalten bleiben!

227
Er stimmte ihm zu und frug einen andern,

wem man seine Gunst schenkten müsse.
Er sprach:
Nach allgemeiner Ansicht müssen wir dies gegen die uns Wohlgesinnten tun.
Ich aber bin der Ansicht,
daß man gerade den Widersachern seine Gunst bereitwillig schenken müsse.
Auf solche Weise gewinnen wir sie für ihre Pflicht und unsern Nutzen.
Aber man muß zu Gott beten, daß man dies wirklich tun kann.
Denn Gott beherrscht aller Sinn.

228
Er billigte diese Worte und hieß den sechsten sich über die Frage äußern,

wem man dankbar sein müsse.
Er antwortete: Den Eltern vor allem.
Denn Gott gab ein sehr wichtiges Gebot für die Ehrung der Eltern.
An zweite Stelle setzt er das Verhältnis zu den Freunden;
denn er nennt den Freund so lieb wie das Leben.
Du tust recht daran, wenn du dir alle Menschen zu Freunden machst.

229
Auch diesem sprach er freundlich zu und frug den Kommenden:

Was ist mit der Schönheit gleichwertig?
Er sprach: Die Frömmigkeit; denn sie ist die höchste Schönheit.
Ihre Stärke ist Liebe. Sie ist ja eine Gabe Gottes.
Wenn du sie besitzest, hast du in ihr alle Güter.

230
Er belobte seine Antwort sehr warm;

dann frug er den nächsten,
wie er nach einem Mißerfolg wieder das frühere Ansehen gewinnen könnte.
Er sprach: Du kannst unmöglich einen Mißerfolg haben.
Denn du streutest deine Gunsterweise über alle aus,
und diese rufen Wohlwollen hervor.
Und dieses bezwingt die stärkste Waffenmacht
und gewährt die größte Sicherheit.

231
Wer aber einen Mißerfolg erleidet,

darf nicht wieder das tun, was seinen Mißerfolg verschuldete;
er muß vielmehr Freunde gewinnen und gerecht handeln.
Doch ist es eine Gottesgabe, das Gute und nicht sein Gegenteil zu tun.

232
Er fand daran Gefallen und frug den nächsten,

wie er dem Schmerz entgehen könne.
Er sprach: Wenn er niemanden schädige,