Seite:Riessler Altjuedisches Schrifttum ausserhalb der Bibel 248.jpg

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Erwacht der König,
dann überreicht man ihm das Schriftstück.
Hierauf erkenne man den Sieg dem zu,
dessen Spruch der König und die drei Vornehmsten Persiens
als weisesten erklären,
entsprechend dem Aufschrieb.

10
Der Erste schrieb:

Der Wein ist am mächtigsten.

11
Der Zweite schrieb:

Der König ist am mächtigsten.

12
Der Dritte schrieb:

Die Weiber sind am mächtigsten.
Doch über alles siegt die Wahrheit.

13
Als der König aufwachte,

nahm man das Schriftstück und gab es ihm.
Da las er es.

14
Hierauf ließ er alle Vornehmen von Persien und Medien,

Satrapen, Heerführer, Statthalter und Oberste berufen.
Dann ließ er sich im Staatssaal nieder
und also ward das Schriftstück ihm vorgelesen.

15
Hierauf befahl er:

Ruft jene Jünglinge;
sie sollen ihre Sprüche selbst erklären!
So wurden sie gerufen.
Nach ihrem Eintritt

16
befahl man ihnen:

Erkläret uns das Aufgeschriebene!
Da fing der Erste also an:
– er hatte von des Weines Macht geschrieben –

17
Ihr Männer! Inwiefern der Wein am stärksten ist?

Er macht die Sinne allen Menschen wirr,
die von ihm trinken.

18
Die Sinne eines Königs macht er gleich

wie die des Waisenknaben,
die eines Sklaven wie die eines Freien,
die eines Bettlers wie die eines Reichen.

19
Gar alle Sinne wandelt er in Lustigkeit und Fröhlichkeit,

läßt alle Trauer, alle Schulden in Vergessenheit geraten.

20
Und alle Herzen macht er reich,

läßt Könige und Satrapen sich vergessen
und alle Reden läßt er in Millionen sich ergehen.

21
Doch Freunde und Verwandte läßt er Freundschaft selbst vergessen,

wofern sie von ihm trinken.
Nicht lange dauert es,
so zücken sie die Schwerter.

22
Erwachen sie jedoch vom Wein,

so denken sie nicht mehr an das,
was sie verübt.