Seite:Riessler Altjuedisches Schrifttum ausserhalb der Bibel 475.jpg

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5
Wenn ihr nicht lesen könnet,

dann darf eure Unbildung mir nicht als Gottlosigkeit angerechnet werden.

6
Eignet euch Wissen an und werdet gescheit!

Aber ihr wollet nicht, und ich zwinge euch nicht dazu.

7
So bleibet denn ungebildet bis in euer Alter,

und freuet euch an eurem eigenen Gebrechen!


3. Kapitel
1
Wurde Herakles nicht als ein Mensch geboren?

Wie Homer log, mordete er sogar Gastfreunde.

2
Wer versetzte ihn denn unter die Götter?

Seine eigene Tüchtigkeit
und seine tapfern, mit vieler Mühe vollbrachten Taten.

3
Nun ihr Leute! Bin ich nicht selbst auch gut?
4
Ich begehe einen Fehler, wenn ich euch so frage.

Auch wenn ihr es verneintet,
so bin ich dennoch gut.

5
Auch ich vollbrachte viele und sehr schwierige Arbeiten.

Ich blieb Sieger über Lüste, Geld und Ehrsucht;
ich warf die Trägheit und die Schmeichelei nieder;
mir leistet weder Furcht noch Trunkenheit Widerstand;
mich fürchtet die Traurigkeit und der Jähzorn.

6
Über diese Feinde triumphierte ich

und so setzte ich mir den Siegerkranz auf, nicht Euristheus.


4. Kapitel
1
Höret ihr nicht auf, die Weisheit zu vergewaltigen

und mir eure Fehler und Laster in die Schuhe zu schieben?

2
Könntet ihr nach fünfhundert Jahren wieder auf die Welt kommen,

würdet ihr einen Heraklit noch am Leben treffen,
aber von eurem Namen keine Spur mehr finden.

3
Ich werde so lange dasein, wie Städte und Länder,

und werde wegen meiner Lehre stets unvergessen bleiben.
Selbst wenn die Stadt Ephesus zerstört
und alle Altäre vernichtet würden,
so hätte mein Andenken eine bleibende Wohnstätte
in den Herzen der Menschen.

4
Dann führe ich die Jugendgöttin als Gemahlin heim,

nicht die des Herakles.
Diese hat er stets bei sich.
Mir aber wird eine andere zuteil.


5. Kapitel
1
Die Tugend erzeugt viele Jugendgöttinnen;

die eine vermählte sie dem Homer, die andere dem Hesiod,
und wer immer gut ist,
dem traut der Bildung Ruhm eine solche an.