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Denn sie verachteten die Triebe und waren völlig Herren über die Schmerzen.
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Als nun der Tyrann mit seinem Zureden zum Genuß unreiner Speisen zu Ende war,

sprachen sie alle mit einer Stimme, wie aus einer Seele:


9. Kapitel: Der Martertod der beiden ältesten Brüder
1
Was zauderst du, Tyrann?

Wir wollen lieber sterben,
als unsere väterlichen Gesetze übertreten.

2
Wir müßten uns ja füglich vor unsern Vorfahren schämen.

wenn wir nicht durch treuen Gehorsam gegen das Gesetz
Moses uns zum Ratgeber nähmen.

3
Du aber, Tyrann, Ratgeber der Sünde,

sei nicht in deinem Haß gegen uns
wieder mitleidiger gegen uns als wir selbst!

4
Denn härter als der Tod erscheint uns dein Mitleid,

das uns durch Gesetzesübertretung retten möchte.

5
Du meinst uns zu erschrecken, wenn du uns den Foltertod androhst,

gerade als hättest du nicht vorhin von Eleazar eine Lehre erhalten.

6
Wenn aber der Hebräer Greise

wegen der Frömmigkeit selbst Folterqualen leiden und sterben,
dann dürfen wir, die Jungen, doch wohl mit größerm Recht in den Tod gehen,
und so verachten wir die Qualen deiner Foltern,
über die auch unser hochbetagter Lehrer gesiegt hat.

7
So mach denn einen Versuch, Tyrann!

Glaub aber nicht,
daß du durch deine Folter unsern Seelen Schaden brächtest,
wenn du uns der Frömmigkeit wegen tötetest!

8
Denn wir werden durch dieses unser geduldiges Ertragen der Leiden

den Siegespreis der Tugend empfangen
und bei Gott sein, um dessenwillen wir dies erdulden.

9
Du aber wirst wegen unserer Ermordung, wodurch du dich befleckst,

von der göttlichen Gerechtigkeit einige Feuerqual zu erleiden haben.

10
Als sie so sprachen

ergrimmte der Tyrann nicht bloß über ihren Ungehorsam,
sondern ward auch über ihre Undankbarkeit zornig.

11
So schleppten denn auf seinen Befehl

die Geißler den Ältesten von ihnen herbei,
zerrissen sein Gewand
und banden ihm die Hände und die Arme auf beiden Seiten mit Riemen fest.

12
Dann geißelten sie sich an ihm müde, ohne etwas auszurichten;

hernach warfen sie ihn auf das Rad.

13
Um dieses ward der edle Jüngling so gespannt,

daß seine Glieder ausgerenkt wurden.

14
An allen Gliedmaßen gebrochen, brach er in die Anklagen aus:
15
Du schmutzigster der Tyrannen!

Du Widersteher der göttlichen Gerechtigkeit!
Du Wüterich!