und den eine Menschenmenge wegen der Foltern besetzt hielt;
aber du hattest keine Tränen.
nicht Schwanengesang locken die Hörer so zum Aufmerken,
wie die Rufe gequälter Kinder, die nach der Mutter schreien.
als man ihre Kinder mit Rädern und Feuer peinigte?
ihr Herz mutig dem Entschlusse zu,
die zeitliche Mutterliebe nicht zu beachten.
und die vielfältigste Folterung schauen mußte,
winkte ihnen die edle Mutter den Abschiedsgruß zu
und entließ sie im Glauben an Gott.
so schaute sie in ihrer Seele die gestrengen Ratsherren,
Natur, Mutterschaft, Kinderliebe und Folterung der Kinder.
ein todbringendes und ein die Kinder rettendes.
Rächerin des Gesetzes und Beschirmerin der Frömmigkeit!
Du Sieggekrönte im Kampf mit dem Mitleid!
mannhafter in der Ausdauer als Männer!
und die gewaltigen Wogen aushielt,
von allen Seiten in der Triebe Flut umbrandet
und von gewaltigen Stürmen, deiner Söhne Qualen, bedräut,
und dennoch hieltest du wacker Stand
den über die Frömmigkeit herbrausenden Stürmen.
den Todesqualen ihrer Söhne zusehen und doch standhalten,
dann ist selbstverständlich die gottgeleitete Vernunft
die Selbstherrin der Triebe.
nicht nur, daß Männer ihre Triebe beherrschten,
sondern auch, daß ein Weib die größten Qualen verachtete.
noch Misaels Feuerofen mit seinem ungestümen Feuer so brennend heiß,
als die natürliche Mutterliebe,
die jenes Weib beim Anblick seiner sieben gefolterten Söhne umloderte.
Doch mit der frommen Vernunft
löschte die Mutter die so gewaltigen und starken Triebe.
Paul Rießler: Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel. Filser, Augsburg 1928, Seite 724. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Riessler_Altjuedisches_Schrifttum_ausserhalb_der_Bibel_724.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)