Seite:Riessler Altjuedisches Schrifttum ausserhalb der Bibel 817.jpg

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Denn wer weiß,
ob du nicht deshalb für diese Tage aufbewahrt bliebest,
oder ob du nicht deswegen dich von deinen Brüdern trenntest,
damit du in dieser Zeit deinem Volk vorständest?

4
Da sprach Jephta zu ihnen:

Kehrt also nach dem Hass die Liebe zurück,
oder überwindet die Zeit alle Dinge?
Ihr vertriebet mich ja aus meinem Land und Vaterhaus.
Jetzt kommet ihr zu mir, da ihr in Not seid?
Da sprachen sie zu ihm:
Wenn sich unserer Väter Gott nicht mehr unserer Sünden erinnerte,
sondern uns befreite, trotzdem wir gegen ihn gesündigt,
und er uns unsern Feinden ausgeliefert
und wir von ihnen bedrückt waren,
was willst denn du, Sterblicher,
dich der Ungerechtigkeiten, die bei uns vorkamen, erinnern,
und zwar gerade in der Zeit unserer Trübsal?
Deshalb gefalle es dir nicht so, Herr!

5
Da sprach Jephta:

Gott kann unsere Sünden vergessen,
weil er Zeit und Ort hat,
wo er von seiner Langmut ausruhen kann;
er ist ja Gott.
Ich bin ein Sterblicher, aus Erde gemacht.
Wohin soll ich zurückkehren und wohin meinen Grimm werfen
und die Unbill, womit ihr mich beleidigtet?
Da sprach das Volk zu ihm:
Dich belehre die Taube, der Israel gleicht!
Nimmt man ihr auch ihre Jungen,
so verlässt sie doch nicht ihren Platz;
sie mißachtet vielmehr ihre Unbill und vergißt sie,
als ob sie in Meerestiefe läge.

6
Da erhob sich Jephta, zog mit ihnen,

versammelte das ganze Volk und sprach zu ihm:
Ihr wisset:
Solange unsere Führer lebten,
mahnten sie uns zur Befolgung unseres Gesetzes.
Ammon und seine Söhne aber lenkten das Volk von seinem Weg ab,
worauf es wandelte;
sie dienten fremden Göttern, die sie verderben sollten.
Jetzt aber richtet euer Herz auf das Gesetz des Herrn, eures Gottes,
und laßt uns ihn einmütig anflehen!
Dann wollen wir so gegen unsere Feinde kämpfen,
voll Vertrauen und Hoffnung auf den Herrn,
daß er uns nicht für immer ausliefern werde.
Sind unsere Sünden auch überreichlich,
so füllt seine Barmherzigkeit trotzdem die ganze Erde an.