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mit bunten Ecken und mit Fransen verwandt, das über der Stirn zu einer Schleife geschickt zusammengebunden ist.

Blatt 6.

Aeltere Festtrachten aus dem Vogtlande. Bei festlichen Anlässen tragen die älteren Männer langschössige bunte Tuchröcke. Die älteren Frauen tragen meist eine kurze Jacke, den „Spenzer“, der mit Watte gefüttert ist und dessen Aermel oben sehr weit und nach der Hand zu enger sind. Auch tragen sie noch häufig anstatt des Kopftuches die ältere „Buckelhaube“, von der lange bunte Bänder über den Rücken herabhängen, und deren hinteres Mittelstück, „der Haubenfleck“, durch Stickerei hervorgehoben ist.


Unser Erzgebirge weist nur noch in seinen Bergleuten und in seinen Hausierern charakteristische Typen auf. Die Arbeiter an den Bergwerken unterscheiden sich bekanntlich durch zwei Berufsarten, die des Bergmannes, dem die Gewinnung und Zubereitung der Erze obliegt und die des Hüttenmannes, der die Scheidung der Metalle aus den vom Bergmann aufbereiteten Erzen durch den Hütten- namentlich Schmelzprozeß vorzunehmen hat.

Blatt 7.

Bild 1. Die Tracht des Bergmannes ist entweder seine Arbeitstracht oder die Paradetracht. Die Arbeitstracht des Bergmannes hat einen faltigen Grubenkittel aus schwarzer Leinwand, das als Schutz hinten vorgebundene Bergleder und einen niedrigen Filzhut mit Krempe. Vor der Brust hängt die Grubenlampe, an einem Hüftgürtel hängt vorne eine Ledertasche, bergmännisch „Lichttasche“ genannt, sie enthält Feuerzeug, Nägel, Messer und andere kleine notwendige Stücke. – Als Paradetracht tragen die Mannschaften schwarze Kittel, weiße Beinkleider, Bergleder, grünen hohen Schachthut ohne Krempe. Die Beamten tragen die sogenannte Puffjacke mit den Rang kennzeichnenden Abzeichen, weiße Beinkleider, Seitengewehr, Schachthut. Das gemeinschaftliche Abzeichen für alle Bergleute ist die sogenannte Barde.

Bild 2. Hüttenleute in Festtracht aus den Muldnerhütten bei Freiberg. Die Tracht aller (Freiberger, Grünthaler, Blaufarbenwerks-) Hüttenleute besteht allgemein in weißem Kittel und weißem Beinkleid. Die Freiberger Hüttenleute tragen einen schwarzen niedrigen Filzhut mit einer Krempe, die an der linken Seite aufgeschlagen ist; ferner eine vorgebundene schwarze Lederschürze. Am Kragen und Vorderärmel tragen sie noch ein rotes Tuchabzeichen. Das Parade-Handwerks- (Gezähe-) Stück besteht bei allen Hüttenleuten aus Forkel, Grähle und Stecheisen, d. i. lange zum Feuerschüren eingerichtete Instrumente. Die Tracht der Hüttenbeamten entspricht derjenigen der bergmännischen Beamten, nur ist die Puffjacke bei den Freibergern grau.

Blatt 8.

Bild 1. Hüttenleute in Festtracht aus den Blaufarbenwerken zu Oberschlema. Sie tragen einen hohen, schwarzen Filzhut ohne Krempe, ähnlich dem bergmännischen Schachthut, ihre Lederschürze hat ultramarineblaue Farbe. Ihr Tuchabzeichen am Kragen und Vorderärmel ist blau.

Bild 2. Hüttenleute von dem Kupferhammer zu Grünthal bei Olbernhau. Sie haben gleichfalls einen hohen, schwarzen Filzhut ohne Krempe, ihre Lederschürze ist braun, das Tuchabzeichen rot.

Blatt 9.

Bild 1. Hausierende Handelsleute (Kastenleute) aus dem Erzgebirge. Bild 2. Erzgebirgische Spielwaarenhändler. Der Boden des Erzgebirges ist wenig ertragreich, der Bergbau verlangt nicht mehr soviel Arbeitskräfte als in früheren Zeiten. Infolgedessen hat sich im Erzgebirge besonders zahlreich die Klasse der Hausierer eingebürgert, die Erzeugnisse eigenen und fremden Fleißes feilbieten, und die überall volkstümliche, ehrliche und bescheidene, gern gesehene Gäste sind. Erzgebirgische Handelsartikel, Spitzen, Holzwaaren und Kinderspielzeug und sonstige Erzeugnisse der Klein- und Hausindustrie sind in ganz Deutschland durch sie bekannt geworden, auf allen Jahrmärkten sind sie vertreten. Diese Männer und Frauen mit ihren Kästen, Säcken, Körben und Taschen haben meist wetterharte charakteristische Gesichtszüge. Die Kastenleute und Landreisenden aus Jöhstädt, die Bürstenhändler aus Schönheide, die Blechleute aus Eibenstock, die Löffelhändler aus Beiersfeld, die Spielwarenhändler aus Grünhainichen, die Händler aus Satzung, Geyer und Elterlein sind allen Erzgebirgern bekannt; manche von ihnen, wie die Bockauer Arzneihändler mit ihren „Buckelapotheken“ und die Rußbuttenleute sind schon fast völlig ausgestorben.

Blatt 10.

Leute in älteren Festtrachten aus dem Meißner Hochlande. Bei den Männern ist die Volkstracht nicht mehr vorhanden. Bei den Frauen hat sich hier und da noch die kurzärmelige Bluse, das bunte Brusttuch und die Bänderhaube in Gebrauch erhalten.

Blatt 11, 12 und 13.

Aeltere deutsche Festtrachten aus der Oberlausitz. Bei den Deutschen der Oberlausitz ist eine bestimmte Volkstracht nicht mehr nachzuweisen, doch muß noch zu den Zeiten unserer Väter eine solche stark verbreitet gewesen sein. Mit dem Zunehmen der Industrie und der Ausdehnung der Stadtkultur ist die Volkstracht dort allmählich verschwunden, doch haben sich in dem Besitze der wohlhabenden Familien noch in sehr großer Anzahl ältere Trachten erhalten. Diese wurden zu dem Feste wieder hervorgesucht und manchmal allerdings nicht gerade historisch getreu zusammengestellt. Darum waren aber die Träger der einzelnen Gewänder auf deren Echtheit nicht minder stolz; es waren aber auch darunter einige Prachtstücke, die in kostbarer und kunstvoller Stickerei ihres Gleichen suchten. Am gleichmäßigsten zeigte sich die Tracht der Frauen, trotz mancher Abweichung im Einzelnen. Die schmucken jugendfrohen Mädchengestalten nehmen sich in den von radförmigen Kragen umränderten Hauben, in den wattierten, seidenen Spenzern, in den vielen faltigen Röcken und den feingestickten Schürzen gar anmutig aus. Bei Aufführung der einheimischen Tänze, sowie in Sprache und Gesang offenbarte sich der offene, lebensfrohe Charakter der Deutschen aus der Oberlausitz in schönster Weise. Einzelne noch am Leben erhaltene Gebräuche, wie der Umzug der in Reisig gekleideten Knechte, das Schandreiten auf dem Esel, das Hahnschlagen, wurden im Zuge vorgeführt. Und an die Poesie des Reisens im Postwagen zur Zeit der Messen gemahnten die volkstümlichen Weisen, die vom alten Wagen herab der Postillon erklingen ließ.



Die Wenden haben nicht wie die Altenburger eine einheitliche, sondern eine nach den Gegenden verschiedenartige Volkstracht, die sich, wie auch sonst fast überall, mehr bei den Frauen als bei den Männern zeigt und bisher erhalten hat. Die größte Mannigfaltigkeit der Trachten herrscht besonders in der Niederlausitz, sowie in der angrenzenden Muskauer Standesherrschaft, wo in jeder Gemeinde die Tracht fast noch mehr als die Sprache ihre besonderen Eigentümlichkeiten aufweist, so daß der Kenner z. B. bei größeren Festlichkeiten (Hochzeiten, Kindtaufen u. s. w.) oder bei Jahrmärkten in Cottbus, Spremberg und Muskau sogleich aus der Tracht ersieht und bestimmen kann, aus welchem Kirchspiel die Trägerin herstammt. Die unterscheidenden Hauptmerkmale finden sich in der Art des Kopfputzes, im Schmuck der Brust und in der Menge und Farbe der Bänder an der Kleidung. Und wenn man nur die größeren Unterschiede berücksichtigt, so zerfällt die Volkstracht der Wenden oder vielmehr der Wendinnen in folgende 6 Gruppen:

a) In der sächsischen Oberlausitz:
1. Tracht der katholischen Wenden in den Amtshauptmannschaften Kamenz und Bautzen, sowie in der einzigen zur preußischen Oberlausitz gehörigen katholischen Parochie Wittichenau.
2. Tracht der evangelischen Wenden (diese ist leider seit mehr als einer Generation immer mehr im Schwinden begriffen und in einigen westlichen und südlichen Kirchspielen bereits ganz geschwunden).

Empfohlene Zitierweise:
Hrsg: Ausschuß für das Sächsische Volkstrachtenfest zu Dresden 1896: Karl Schmidt (Volkskundler), Oskar Seyffert (Volkskundler), Jean Louis Sponsel: Sächsische Volkstrachten und Bauernhäuser (1896). Wilhelm Hoffmann, Dresden 1897, Seite III. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:S%C3%A4chsische_Volkstrachten_und_Bauernh%C3%A4user_(1896).pdf/09&oldid=- (Version vom 29.12.2018)