Seite:Sächsische Volkstrachten und Bauernhäuser (1896).pdf/08

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Die Altenburger Bauern sind weit und breit bei uns in Deutschland berühmt wegen ihrer eigenartigen Tracht und wegen ihres Bewahrens mancher überkommener Bräuche. Aber gerade die Altenburger bieten ein sprechendes Beispiel dafür, daß auch die Bauerntracht dem Wechsel unterworfen ist, denn es lassen sich kaum Aehnlichkeiten nachweisen zwischen der Tracht, die bei ihnen vor etwa zweihundert Jahren in Geltung war und ihrer heutigen Tracht, die seit dem Anfang unseres Jahrhunderts aufgekommen ist. Die Tage ihrer Herrschaft sind in unserer Zeit auch schon gezählt. Das Anwachsen der Städte, die Ausdehnung der Eisenbahnen, die allgemeine Wehrpflicht und manche andere Einflüsse haben dazu beigetragen, daß die alte Tracht immer mehr verschwindet. In entlegenen Ortschaften wird wohl noch am meisten an ihr festgehalten, viele Bauern gehen zeitweise bürgerlich und zeitweise bäuerisch gekleidet, aber bei festlichen Aufzügen setzt die Bauernschaft ihren Stolz darein, zu Pferd und zu Wagen und zu Fuß ihre absonderliche Tracht zeigen zu können. Darin äußert sich noch, wie auch in ihrer Sprache und in manchen Sitten, ihr Hang am Hergebrachten und ihr Heimatsgefühl. Und das ist um so mehr anzuerkennen, als im Vergleich mit vielen anderen unserer deutschen Bauerntrachten die der Altenburger weder sehr kleidsam noch besonders bequem genannt werden kann.

Blatt 1.

Bild 1. Altenburger Hormetjungfer und Bauernmädchen. Die Altenburger Tracht zeigt mit geringen Ausnahmen dunkle Farben, sie ist besonders bei den Frauen voller Absonderlichkeiten. Während der obere Teil des Körpers den hohen steifen und unbequemen Latz vor der Brust bis hinauf zum Kinn wie einen Schild vorgebunden zeigt, wird der Leib eng umschlossen durch einen auf der Rückseite vielfach gefalteten nur bis zum Knie reichenden Rock. Dieser wird auf der linken Seite vorn durch Haken zusammen gehalten, die bei der Arbeit zum Teil geöffnet werden müssen. Ueber dem Rock liegt eine dunkelfarbige Schürze in breiten Falten, die nur wenig länger ist. Ueber dem Latz liegt ein gesticktes Aermelband und die Schleifen des Halstuches, während wiederum der ganze Rücken durch ein quadratförmiges Tuch bedeckt wird, das von dem trichterförmigen Ende der den Kopf knapp umschließenden „Tute“ herabhängt. An diesen Tüchern sind die Kanten mit zierlicher Stickerei geschmückt. Der Stoff der einzelnen Gewandstücke ist an Festtagen meist von Seide.

Bild 2. Altenburgerin und Bauern im Spenzer. Auch die älteren Frauen tragen die gleiche Tracht wie die jungen Mädchen. Ebenso unterscheidet sich nicht die Tracht der jüngeren und älteren Männer. Ueber dem Hemd tragen sie eine Art Weste, die links geheftelt wird, das Brusttuch; die schwarzen bockledernen Hosen sind weit und werden am Knie zusammen gebunden. Die Füße stecken in hohen Schaftstiefeln. Ueber dem Brusttuch bemerkt man, wenn der Bauer hemdärmlich geht, den aus schmalen schwarzen glänzenden Lederstreifen bestehenden Hosenträger. Als Hausrock gilt der kurze „Spenzer“, meist aus olivenbraunem Stoff, mit umsponnenen Knöpfen und kurzen Schößchen. Der Hals wird mit einem schwarzseidenen Tuch umwunden, das vorne in kurzen Schleifen zusammengebunden ist. Merkwürdig erscheint der kleine runde Hut aus Seidenfilz, der den Kopf fest umspannt und dessen vordere schmale Krempe herabgezogen ist, während die hintere nach oben steht.

Bild 3. Altenburger Hormetjungfern und Bauernburschen. Die Form des erwähnten Hosenträgers läßt sich an dem Bilde gut erkennen. Sehr interessant ist der Kopfschmuck der Altenburger Bräute und ihrer Begleiterinnen, der Hormetjungfern, der zwar höchst selten nur noch getragen, aber in vielen Familien als Erbstück noch aufbewahrt wird. Das Hormet ist ein cylindrischer kronenartiger Aufbau, der mit Blumen und Metall geschmückt ist, und an dem besonders zwei Reihen lose hängender dünner gepunzter Goldplättchen auffallen. Auch unter dieser Kopfbedeckung wird das Haar ebenso wie unter der „Tute“ verhüllt und ist durch ein Stirnband zusammengebunden, das im Nacken in einer langen Schleife endet, während ähnliche Bänder vom Hormet herab über den Latz hängen.

Blatt 2.

Bild 1. Altenburger Kinder in Festtracht. Sogar die Kinder werden an Festtagen noch in die gleiche Tracht gesteckt, wie sie die Erwachsenen tragen und nehmen sich darin sehr putzig aus.

Bild 2. Altenburger Gutsbesitzer und Bauern. Bei festlichen Anlässen, auch wohl zu den berühmten Altenburger Roßmärkten, wo der Skat eine bekannte Rolle spielt, tragen die begüterten Bauern als Festgewand den langen schwarzen Tuchrock, „Kappe“ genannt, während die gleichlangen hellen Röcke, „die Weißen“, fast ganz außer Gebrauch gekommen sind. Zu Pferde nimmt sich der Altenburger Bauer am stattlichsten aus, seine Reitkunst ist bekannt, bei Hochzeits- und Kirmesfesten sieht man auch heute noch gelegentlich einen Zug berittener Bauern mit geschmückten Pferden.

Blatt 3.

Bild 1. Altenburger Bäuerin und Kind in Festtracht. In der Festtracht liebt die Altenburgerin den bis zum Ellbogen bauschigen und dann engen langen Aermel an ihrer Jacke, während die Alltagsjacke, besonders bei den jüngeren, kurze, buntgestreifte Aermel hat.

Bild 2. Altenburger Arbeitsfrauen. Sie zeigen zwar die gleiche enge Kopfbedeckung und die kurzen Röcke, doch zugleich auch den Verzicht auf den unbequemen und in der Bewegung hindernden steifen Brustlatz. Bei der Arbeit werden oft zwei umfangreiche Schürzen, die eine von hinten die andere von vorne vorgebunden.

Blatt 4.

Altenburger Hormetjungfern und Kinder. Das Hormet hat zwar im Wesentlichen die gleiche Grundform, doch läßt unser Bild auch im Einzelnen manche Verschiedenheiten erkennen. Es ist übrigens ein ziemlich schwerer Kopfschmuck, der bei festlichen Gelegenheiten bald wieder mit der Tute vertauscht wird.



Im Vogtlande ist die alte Volkstracht ebenso wie im Erzgebirge, im Elbgau und bei den Deutschen der Oberlausitz fast ganz außer Gebrauch gekommen. Zwar hat sich vereinzelt in Ortschaften, die vom Verkehr entfernter liegen, noch das eine oder andere Stück erhalten, aber die Tracht selbst als Ganzes lebt nicht mehr im Bewußtsein des Volkes. Und doch hängen in jenen Landesteilen die Einwohner in allem übrigen fest an ihren Sitten und Bräuchen, sie haben sich noch ihren Sondercharakter rein zu erhalten gewußt. Am auffälligsten zeigt sich dies in den sprachlichen Verschiedenheiten. Auch in ihren Festen hängen die Vogtländer noch an alten Ueberlieferungen. Ihr Hammelkegeln in Elsterberg ist durch den Festzug in Sachsen allgemein bekannt geworden, nicht minder ihr Maientanz und ihre Hutzenstube. Dabei lieben sie es neuerdings, ihre alten Trachten wieder zum Ansehen zu bringen und sie haben davon auch in Dresden eine wohlgelungene Probe gegeben.

Blatt 5.

Bild 1 und 2. Gruppen vom Hammelkegelfeste aus Elsterberg. Die Männer tragen Kniehosen und helle Strümpfe und Schnallenschuhe, gehen entweder hemdsärmlig oder in buntgestreifter vielknöpfiger Weste. Um den breiten ungestärkten Kragen aus grober Leinwand tragen sie ein lose gebundenes buntes Tuch aus Seide oder Baumwolle. Ueber der Weste wird auch oft eine kurze Jacke getragen und der Kopf entweder mit einer Schirmmütze oder einer Pelzkappe, „dem Bartel“, bedeckt. Das Gesicht ist gewöhnlich glattrasiert. Die jungen Mädchen tragen ein ärmelloses Mieder und darüber ein buntes Brusttuch; vier bis fünf faltenreiche Röcke übereinander geben ihnen ein stattliches Aussehen. Als Kopfputz wird noch am meisten ein dunkles Tuch

Empfohlene Zitierweise:
Hrsg: Ausschuß für das Sächsische Volkstrachtenfest zu Dresden 1896: Karl Schmidt (Volkskundler), Oskar Seyffert (Volkskundler), Jean Louis Sponsel: Sächsische Volkstrachten und Bauernhäuser (1896). Wilhelm Hoffmann, Dresden 1897, Seite II. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:S%C3%A4chsische_Volkstrachten_und_Bauernh%C3%A4user_(1896).pdf/08&oldid=- (Version vom 29.10.2017)