Seite:SUST MSFou XXXV, 1.djvu/2

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Wenige märchen sind in Europa so allgemein bekannt und in so vielen varianten aufgezeichnet wie „Die tiere auf der wanderschaft“ („Die tiere im nachtquartier“[1]), dessen verbreitung durch die in den Grimmschen „Kinder- und Hausmärchen“ enthaltene variante „Die Bremer stadtmusikanten“ gefördert worden ist. Das märchen ist ausserhalb Europas im osten nicht bekannt, in Amerika aber ist es, offenbar aus Europa eingewandert, einigemal aufgezeichnet worden. Die hauptzüge der erzählung sind nach meiner unlängst erschienenen untersuchung[2] in der urform des märchens die folgenden gewesen:

Einige auf der flucht begriffene haustiere gelangen in das haus von wölfen, während diese abwesend sind, und jedes lässt sich an einem selbst gewählten platz, der sich für es am besten eignet, für die nacht nieder. So nimmt die katze auf dem herde platz, die gans auf dem tisch, der hahn oben auf dem balken, und das pferd bleibt ausserhalb der hütte. Als die wölfe in der nacht nachhause kommen und einen aus ihrer mitte in die hütte vorausschicken, um nachzusehen, wer darin ist, fallen die tiere mit gewalt über ihn her und verjagen ihn. Als der wolf zum herd geht, um feuer anzuzünden, zerkratzt ihm die katze das gesicht, die gans zwickt ihn mit dem schnabel, und als er aus der hütte flieht, schlägt das pferd auf dem hofe nach ihm aus und kräht der hahn usw. Zu seinen kameraden gelangt erzählt der erschrockene wolf, wie ihn ein altes weib mit einem wollkamm beim herd geschlagen, ein auf dem tische sitzender schneider mit der schere geschnitten, draussen ein schmied mit dem hammer geschlagen, einer auf dem balken gerufen habe: „Gebt ihn auch mir her!“ usw.

Beim suchen nach dem ursprung des märchens wird die aufmerksamkeit unwillkürlich auf ein anderes märchen gelenkt, von dem mehrere varianten in einigen gegenden Asiens (auf den ostindischen Inseln (5 ex.), in Vorderindien, Japan und bei den Burjäten in Sibirien) und in einem teil von Europa, namentlich in Österreich-Ungarn,


Empfohlene Zitierweise:
Antti Aarne: Beiträge zur frage nach dem verhältnis zwischen den morgen- und abendländischen märchen. Société Finno-ougrienne, Helsinki 1914, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SUST_MSFou_XXXV,_1.djvu/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)