Seite:Samuel zieht die Bilanz und Tomi melkt die Moralkuh oder Zweier Könige Sturz.pdf/18

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Form der heiligen Inquisition. Die Presse ist eine „eiserne Jungfrau“: In sie wird der wehrlose Delinquent eingeschlossen und hübsch bürgerlich gemetzgert unter Einhaltung gewisser altheiliger Bräuche. Die pensionsberechtigten Folterknechte der Firma Scherl singen eine Litanei über Anstand und Sittlichkeit und die berufenen Ethiker der Nation, Feuilletonredakteure und Theaterreporter bei Mosse, künden priesterlich, daß die Anprangerung nur im Interesse des „Fortschritts“ und der „Entwicklung des Menschengeschlechts“ vorgenommen werde... Man hat mich natürlich nicht nackend auf den Rost geschnallt, wie jenen Giovanni Novizan, der im Jahre 1650 zu Florenz gestäupt wurde, weil auch er auf einen Lublinski jener Tage eine Satire geschrieben hatte. Man hat mich nur um „sozialen Kredit“ gebracht. Denn die allgemeine und durchschnittliche Dummheit ist längst an die Stelle der primitiveren Grausamkeit früherer Jahrhunderte getreten, und wo immer man heute lynchen will, da ruft man nicht mehr den lieben Gott an, sondern das liebe Publikum. Man zerrt einfach den Namen des Sünders durch die „liberale Presse“, bis man ihn als Erzieher, als akademischen Lehrer, als Bürger verunmöglicht, für die Gegenwart ums Brot, für die Zukunft um bürgerliche Achtung bringt.

Ich will auf diesen Blättern ein paar schwefelnde Fünkchen aufbewahren aus dem großen Hexenkessel „Presse“. Man lese und denke dabei nicht an mich. Man denke an Nietzsche, an Heine, an Feuerbach oder an Fichte. Denn alle diese erhaben-moralischen Allokutionen sind schon seit tausend Jahren in deutscher Sprache ebenso geschrieben worden. Packt die Moralmeute einen Schwächling, dann wird Mut und Eigenart ihm gebrochen. Stößt sie auf einen Wehrhaften, dann endet der Kampf zwar mit einem Siege. Aber, glaubt mir, solche Kämpfe erquicken und fördern niemanden, und ein anständiger Kerl schämt sich, wenn er über Gegner wie Tomi und Samuel siegen muß... „In Deutschland hat man es auch noch nicht zu einer auch nur mäßig achtbaren Besprechung auch nur eines meiner Bücher gebracht. Daß doch nie jemand sich beleidigt fühlt, wenn ich beschimpft werde!... Kein Tropfen erreichte mich, kein Tau der Liebe... ein regenloses Land“... O Geduld! Du brauchst nur Gelegenheit zu geben zum „Moralisch-Entrüstetsein“ und der Nation „führende Geister“ boykottieren Dich,.. vom „Kunstwart“ bis zum Pastor Naumann.