Seite:Samuel zieht die Bilanz und Tomi melkt die Moralkuh oder Zweier Könige Sturz.pdf/46

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halbtotgequält war, da ging er hin und malte dasAmoral des Lachens und Weinens. Portrait eines der Gerechten mit Kreide an die Wandtafel, und Geheimrat Professor Mann kam und relegierte ihn aus dem Orden aller anständigen Jungens. Ihr seid die Scharfrichter, ich bin nur Karikaturenzeichner. Warum Ihr mich defamiert? Weil Ihr herausfühlt, daß ich Euch nicht „hasse“. Am unbegreiflichsten ist den Menschen, daß man über sich und andere spotten kann ohne Galle. Eure verdammte Eitelkeit würde garnicht so empört Zetern, wenn hinter meiner harmlosen Burleske wirklich Häßliches und Gemeines steckte. Daß ich Euch nahe kam, und doch vorüberging, das verzeiht Ihr mir nie, Ihr möchtet den Spötter quälen oder bürgerlich schädigen. Ich aber will nur ästhetische Freiheit für mein Lachen über Euch. Und hätt ich Professuren und Orden zu vergeben , so bekämen Sie, Tom, für Ihr reizend Denunziatiönchen eine Professur der Moraltheologie und den Titel Kirchenrat, und mein Samuelchen schlüg ich zur Entschädigung für erlittene Karikatur zum Ritter des Adlerordens.

Was ich verbrach? Ich habe parodiert. Ich habe Humorlosigkeit, Emphatik, und talmudisch Literatur-Raisonnement eines bedeutenderen Bildungsbürgers unbürgerlich-kapriciös, mit Leichtsinn verspottet. Ich habe nicht gehässig moralisieren, nicht menschlich kränken wollen. Ich habe getan, was in politischen Witzblättern täglich geschieht: von einem bekannten Manne der Oeffentlichkeit, den ich menschlich ehre, mit drastischer Komik in derbem Umriß vergröbernder Schwarz-Weiß-Technik eine redlich harmlose Karikatur gezeichnet. Solche Persiflage sagt nicht: dieser Autor ist schlecht, nicht: dieser Mensch ist unliebenswürdig, sondern: dieser Autor ist komisch. Seht mein Gemälde aus richtiger Distanz an. Lasset dabei die armen Maßstäbe Eurer bürgerlichen Ressentiments zu Hause. Das Moralische versteht sich von selbst. Meine Satire sagt nicht gleich Eurem Bürgergemüt: Ich bin der Adonis. Ihr seid die Mißratenen. Sondern ich rufe lachend: Kinder, uns fehlt noch manches zum Adonis. Glauben Sie, guter Tom, es sei würdiger, stärker, das wimmernd zu verkündigen, so wie es hinter Ihren ein bischen schwachmatischen Romanen zu lesen steht. O nein, dazu litten wir zuviel, und von Kunst wissen wir genau so viel, wie wir litten. Sie, lieber Tom, sind zu roh und klein für mein Seelenrecht, wissen viel zu wenig von Kunst. Ihr Schmerz hat Tränen. Ach, darum schwimmt Ihnen immer die Größe davon.