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Aber es wird mir nicht beikommen, anzuzweifeln, daß die“Schreihals schon stürmt zur Rache herbei.“ Herren ihr leichtfertig Ketzergericht in bester Absicht halten. Es wird mir auch nicht beikommen, Herrn Lublinski’s ethischen Wert anzuzweifeln, weil ich für seine Literaturprodukte nicht das mindeste Verständnis habe.




Antwort

von


Walter Nissen – Berlin.

Wiederabdruck aus dem „Blaubuch“ Nr. 15, S. 356-357


“Es handelt sich um den typischen Fall des ernststrebenden Autors, der von einem Herrn, welcher erklärt, er könne nicht anders, und es sei das Recht seiner „Persönlichkeit“, öffentlich schmachvoll verhöhnt wird. Wir erleben jeden Tag, daß ein Reklamewicht Aufsehen zu machen versucht, indem er verunreinigt, was in seine Nähe kommt. Er wähnt, etwas geleistet zu haben, wenn er in fremde Gläser spuckt, redet wo es angeht oder nicht angeht von seiner „Mission“ und wirft sich fortwährend augendrehend in die Brust: „Anchio sono artista!“ In Wirklichkeit spekuliert er ganz schlicht auf den gemeinsten Instinkt des Lesepöbels, die Schadenfreude, er macht sich den alten Trick zu Nutze, Bedeutendes verächtlich zu machen, um für noch bedeutender zu gelten. Seit wann ist Satire ihrem Wesen nach etwas anderes als Kritik? Wo in aller Welt können dergleichen Wortdrehereien und Spiegelfechtereien Anspruch auf „Achtung“ machen. Man wehrt ihn ab, nicht einmal um seiner Person willen, sondern weil man gegen das niedere Treiben der ästhetischen Nihilisten längst schon mehreres auf dem Herzen hat. Er fühlt sich infolgedessen als „Märtyrer“, spricht von verständnislosem Boykott, von Aechtung, redet sich ein, man veranstaltete eine Hetze gegen ihn. Niemand würde sich wundern, wenn er morgen mitteilt, er sei lebendig verbrannt worden, weil er die Wahrheit gesagt habe. Wie Huß. Wie Savonarola. Wie Giordano Bruno. – Daß Aristophanes oder G. E. Lessing, oder Goethe, oder Heine, Satiren auf Lebende geschrieben haben, das braucht Herrn Th. Lessing nicht die Ruhe zu nehmen. Wenn zwei dasselbe tun, so ist es nicht dasselbe oder da er ja antike Stimmungen und Tierbilder liebt – quod licet Jovi –! Was natürlich nur symbolisch gemeint ist.“