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also keinem meiner dreiunddreißig Ehrenrichter die ich umEin artig Schuftenstückchen. ihre Verantwortungssicherheit beneide, die Hand gezittert, als er eine Kundgebung unterschrieb, deren Tragweite er nicht abschätzen kann?


3.

Anläßlich jener Lublinski-Satire schrieb der Redakteur einer bedeutenderen politischen Wochenschrift fulminante Zeitungsartikel in der ehrlichen Ueberzeugung, einen niederträchtigen Schädling in mir vernichten zu müssen, obwohl er erklärte, daß er nie ein Werk von mir gelesen hätte. Die unsinnigsten Personalien streute er aus: jene Satire sei Racheakt, ich sei bezahlter Pamphletist, Antisemit, Verleumder, und erbot sich, dem Publikum das zu beweisen. Eine erste Erwiderung, die ich einsandte, wurde willkürlich verändert mit neuem Schimpf kommentiert. Ich wendete mich nun an den Herausgeber, mit dringlicher Bitte, kurzer Richtigstellung der schlimmsten Unwahrheit Raum zu gewähren. Fast zwei Wochen später, durch den betreffenden Redakteur zugestellt, kam folgende Antwort: „Sehr geehrter Herr! lhre Erklärung haben wir natürlich nicht gebracht, da wir keine Veranlassung haben, für Sie Reklame zu machen. Beiläufig möchte ich Ihnen mitteilen, daß ich meinen Angriff in der letzten Nummer der Halbmonatsschrift „Das Theater“ (Berlin) wiederholt habe, und daß auch der Berliner Börsenkourier Ihre literarische Entgleisung unter dem niedlichen Titel Klopffechter festgenagelt hat. Hochachtungsvoll X. X.“

In der darauffolgenden Nummer seiner Wochenschrift schrieb der betreffende Herr, den Protest meiner dreiunddreißig Ehrenrichter (unrechtmäßig und entgegen einer Abmachung mit der „Schaubühne“) veröffentlichend: „Die geschlossene Kundgebung der anständigen deutschen Schriftsteller beweist zur Genüge, daß der von uns festgenagelte Herr nicht als Zierde seines Standes empfunden wird. Beiläufig bemerken wir, daß er seit unserer Enthüllung vorgezogen hat – zu schweigen“.

Gegen solche Optik, wo finde ich Schutz? Wo eine deutsche Zeitung, die einen öffentlich Infamierten auch nur zu Worte kommen läßt. Ich glaube, der Schutz vor moderner Gewissensfolter, genannt Presse, liegt darin, daß innerhalb des Zeitungsbetriebes freie Geister sich ansiedeln, die den Teufel fragen nach literarischen Ehren und Ehrengericht und