Seite:Saxoniae Inferioris (Merian) 156.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

in einem Stein eingehawen / das Mittel der Statt: Vnd ist nicht weit von solchem / ein anders Hauß / in welchem vor Zeiten / Käyser Karl der IV. als Er hieher kommen / seine Wohnung gehabt hat. Der Boden der gantzen Statt ist sandig / vnd daher kan man sich auch der Keller in vilen Häusern / kaum recht gebrauchen: Darauff dann die Inwohner am allerersten sehen / wann sie entweder Häuser kauffen / oder bestehen wollen; wiewol solches von den andern mit fleiß verborgen gehalten wird. Es ist der Rath / wie auch die gantze Burgerschafft / der Augspurgischen Confession zugethan; die allberait im Jahr 1530. in den Kirchen / auch gar in dem Dom / oder zu S. Johann / allhie / eingeführt worden; in welchem / was / vor diesem vor Verse wider die / so die Kirchengüter an sich ziehen / gelesen worden / beym Joh. Angelio à VVerdenhagen, in Antegressu part. 4. de Rebuspub. Hanseat fol. 507. vermeldet wird. In solcher Domkirche / wird im Vmbgang beym Chor / gezeigt ein schön S. Mariae Bildnuß / mit dem Kindlein von Stein gehawen / so wegen der Kunst hoch gehalten wird. In gedachtem Vmbgang / hinterm hohen Altar / ist das Begräbnuß Habundi, eines gewesenen Canonici Lubecensis; davon erzehlet wirt / daß / wann ein Domherr diß Orts sterben solle / vorhin vnter diesem Grabstein ein groß Klopffen gehört werde. Im Vmbgang aber bey solcher Kirchen / hangt ein alt Crucifix / sonders künstlich / vnd fast natürlich auß Holtz geschnitzet. In der Kirchen drinnen ist eine Capell / daselbst auff dem Altar die Histori deß Leydens / vnd Sterbens vnsers Seeligmachers sehr künstlich abgemahlet ist. Zu vnser Frawen Stifftskirch ist das Vhrwerck zu besichtigen. Vnd ist solche S. Mariae, die vornemste Pfarrkirch / ein schön / hohes / vnd herrlichs Gebäw / da beym Eingang / die sehr hohe Säulen / auß einem Stuck Stein gehawen / würdig zu sehen. Inwendig im Chor / zur lincken Hand / deß hohen Altars / ist ein verschlossen Stul / darinn der Burgermeister Oldenborg / bey der Meß / Anno 1367. entleibet worden: An der Mauer ist ein klein höltzerne Winde / damit / wie man berichtet / dem Mörder / als man ihn geviertheilt / die Gedärme lebendig auß dem Leibe gewunden worden. Es seind in solcher Kirchen allerhand schöne epitaphia, vnnd darunder folgendes in acht zunehmen:

Quid hanc procul tabulam viator aspicis,
Quaerisne galeam, et clypeum, nostra insignia,
Aut gesta gestis scire? En Cranium hoc, ossaque,
Haec galea, et hîc clypeus, notant Insignia haec
Nos universos unius esse stemmatis. vis gesta?
Peccavi ego, peccarunt caeteri,
Hinc par ad unum omnes tulimus stipendium.

Bey S. Peter ist auch ein Vhrwerck / so alle Stunden spilet / darunder stehet;

Qui struit in triviis, multos habet ille Magistros.

Vnd dise Stiffter zu vnser Frawen / vnnd S. Peter; Item das zu S. Jacob / wie auch andere Kirchen / seind mit hohen Thürnen gezieret / vnd mit Bley bedecket / vnd gläntzen schön von Gold. Es ist auch noch in der Statt ein Jungfraw Closter / zu S. Johann / darinn die jenigen / so sich einmal dahin verlobt / die Zeit ihres Lebens bleiben müssen. Das Closter zu S. Catharina / welches die edlen Crispinen (so dem Käyser Friderico I. wider die Saracener im Kriege gedienet) / gestifftet / vnd deren Bildnussen / vnnd monumenta, noch allda in der Kirchen gesehen werden / ist zum Consistorio Ecclesiastico, vnd Gymnasio verordnet / dessen Rectores etwan D. Henricus Mollerus, hernach Burgermeister allhie / Gualperius, vnnd Henricus Kuchmannus, gewest seyn. Das ansehnliche Spital / sambt der Kirchen zum H. Geist / haben die letzte auß dem Geschlecht der Morgenweger / vnd Morkerker / wie sie obgedachter Werdenhagen nennet / mit grossem Einkommen also gestifftet / daß sie demselben nicht allein etliche Dörffer zugeaignet / sondern auch bey dem Rath eine gewisse Summa Gelts hinderlegt; damit / wann etwan ein Schade durch Fewer / oder andern

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Saxoniae Inferioris. Frankfurt am Mayn: Frankfurter Kunstverein, 1853, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Saxoniae_Inferioris_(Merian)_156.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)