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die in der Sonne des Hofs mit Redensarten gedankenlos spielt, vor uns, während in Ferdinand eine Natur gezeichnet ist, die erst durch die Leidenschaft zum vollen Leben geweckt wird. Ist doch sein Vater selbst über ihn verwundert, und bricht in die Worte aus:

Wo in aller Welt bringst du das Maul her, Junge?

In ihrer Rücksichtslosigkeit sind sich Vater und Sohn gleich, nur dass, wie man dies so oft trifft, aus Abscheu vor dem intriguanten Charakter des Vaters der Sohn im Gegensatze dazu sich gerade die höchste Reinheit und Ehrenhaftigkeit der Gesinnung bewahrt, und sich dadurch eine Theilnahme sofort sichert, die bei edelmüthigen Naturen oft zu begeisterter Sympathie sich steigert.

Selbst die genialste Kraft kann sich nicht von allen die Zeit beherrschenden Geschmacksrichtungen vollständig losreissen, und wenn wir also demgemäss Schiller hier auch in die jene Sturm- und Drangperiode beherrschende Manie verfallen sehen, die Leute um so schwärzer zu malen, je höher sie auf der gesellschaftlichen Leiter stehen, so hat er wenigstens die Entschuldigung für sich, dass es damals in Würtemberg an Originalen zu dieser Malerei à la Höllenbreughel nicht fehlte. Eigenthümlich ist es aber, dass jene Manier, in jedem Minister einen Bösewicht eo ipso zu sehen, sich nur selten zur Person des Regenten selbst verstieg, der man sich höchstens einige schüchterne Seitenhiebe zu versetzen traute, während ein moderner Feuerkopf sicherlich direct den Serenissimus selbst hätte auftreten lassen.



Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/101&oldid=- (Version vom 1.8.2018)