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viel gebundeneres war, als es heute ist, die Macht des Vaters nach der damaligen Sitte eine viel grössere Ausdehnung hatte, als er sie heute besitzt.

Unwiderstehlich wird die Wucht der Dichtung in den letzten Scenen, als die Ahnung des Todes Luise erfasst, da sie Ferdinand wiedersieht, wo sie ihn richtig beurtheilt, wenn sie sagt:

Ehe er sich eine Uebereilung gestände, greift er lieber den Himmel an.

Die ganze aufopfernde Natur des Weibes, welcher der Geliebte weit über die eigene Existenz geht, dringt aber durch, als sie von ihm das Verbrechen erfährt, das er an ihr begangen, und ihr erster Gedanke ist:

O Gott, vergib es ihm – Gott der Gnade, nimm die Sünde von ihm. –

Würde bei einem Mann, den die Geliebte auf einen so leichtsinnig geglaubten Verdacht hin vor die Pforten des Todes geführt, dieses wol die erste Empfindung sein?



Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/109&oldid=- (Version vom 1.8.2018)