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  Königin.
 Nein, nein!
Sie stürzten sich in diese That, die Sie
Erhaben nennen. Leugnen Sie nur nicht.
Ich kenne Sie, Sie haben längst danach
Gedürstet. . . .
 Sie haben
Nur um Bewunderung gebuhlt. . . .
Ist keine Rettung möglich?

  Marquis.
 Keine. . . .

Königin (verlässt ihn und verhüllt das Gesicht).
 Gehen Sie!
Ich schätze keinen Mann mehr.

Marquis (in der heftigsten Bewegung vor ihr niedergeworfen).
 Königin!
– O Gott, das Leben ist doch schön!

Wie kühl nimmt sich neben dieser kaum verhüllten Leidenschaft ihr Ton gegen Carlos aus in der letzten Scene:

 Wir wollen
Einander nicht erweichen, Carl. . . .
 Er hat sich geopfert
Für Sie! Mit seinem theuern Leben
Hat er das Ihrige erkauft. – Und dieses Blut
Wär’ einem Hirngespinst geflossen? – Carlos!
Ich selber habe gut gesagt für Sie.
Auf meine Bürgschaft schied er freudiger
Von hinnen.

Selbst das Geständniss der Neigung, das sie ihm macht, erscheint doch nur mehr als eine Abfindung und Genugthuung, als die Erfüllung des Vermächtnisses, das ihr der Todte hinterlassen, und kann nicht aufkommen dagegen, dass sie diesen um jeden Preis halten wollte, während sie Carlos fortschickt, und uns gerade dadurch beweist, dass sie eine viel höhere und begabtere Natur ist als dieser, ein echteres Herrscherrecht hat als er.



Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/133&oldid=- (Version vom 1.8.2018)