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Beschäftigungen, die, sich auf den Geliebten vorzubereiten und die, ihn zu besitzen. Alles andere berührt sie nicht, interessirt sie nicht, oder doch nur so weit, als es eben Einfluss auf diese zwei Hauptmomente hat. Wo sie liebt, wird sie witzig, scharfsinnig, geistreich, bedeutend, so leer sie in allen Dingen ist, die nicht mit dieser Hauptaufgabe ihres Lebens zusammenhängen, der sie mit rücksichtsloser Glut alles opfert, für die sie aber auch alles verlangt. Wie reizend ironisirt sie in dem berühmten Tete-à-Tete Carlos’ Angst und weiss sie durch die graziöseste Herausforderung zu beantworten, wenn sie ihm sagt:

 Bei so viel Tugend
Erholt sich jedes Mädchens Angst . . . .
Sie – der im ganzen strengen Rath der Weiber
Bestochne Richter sitzen hat . . . .
  – O Himmel,
Der du ihm alles, alles gabst, warum,
Warum denn nur die Augen ihm versagen,
Womit er seine Siege sieht?

Die Liebe ist die einzige Materie, über welche die schöne Fürstin jemals reiflich nachgedacht hat; wenn sie aber sagt:

 Sie ist
Das Einzige auf diesem Rund der Erde,
Was keinen Käufer leidet, als sich selbst . . . .
Ich theile meine Freuden nicht. Dem Mann,
Dem Einzigen, den ich mir auserlesen,
Geb’ ich für alles alles hin. Ich schenke
Nur einmal, aber ewig –

so ist das freilich nur eine allgemeine Theorie, von der die specielle Praxis einige leichte Abweichungen zu zeigen pflegt; und bei ihr denn freilich am allermeisten! Bekanntlich behauptet jede Dame auch in andern Ländern als Spanien, und nicht nur dem Geliebten, sondern auch sich selbst gegenüber, nur ihn, den dermal Begünstigten, wirklich und wahrhaft geliebt zu haben und für immer und ewig zu lieben. Eine Deutsche würde, getäuscht in ihren schönsten Hoffnungen, wie die Eboli, sich vielleicht allenfalls aus Convenienz verheirathen; an einen Wüstling aber ihre Person verschenken, blos aus Eifersucht, um

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/156&oldid=- (Version vom 1.8.2018)