Seite:Schiller-Galerie.pdf/163

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

 Dies Schwert
Schrieb fremden Völkern spanische Gesetze,
Es blitzte dem Gekreuzigten voran
Und zeichnete dem Samenkorn des Glaubens
Auf diesem Welttheil blut’ge Furchen vor:
Gott richtete im Himmel, ich auf Erden –

was jeder Henker etwa auch sagen kann; er hat keine andere Idee als die der rohen Gewalt, er stützt, was besteht, gleichviel ob gut oder schlecht; Carlos erwidert ihm daher ganz richtig:

Gott oder Teufel, gilt gleich viel! Sie waren
Sein rechter Arm –

und weist ihm damit seinen Platz als blosses Werkzeug an.

Alba ist nach den gewöhnlichen Begriffen wie nach seinen eigenen ein Ritter und ein Mann von Ehre, wie er sie versteht, und wie leider noch viele andere sie verstehen; denn sein Ehrbegriff hindert ihn nicht, alle möglichen Ehrlosigkeiten zu begehen, an den Thüren zu horchen, zu intriguiren, seines Herrn Kuppler zu machen, Briefe stehlen zu lassen, überall ein Henker zu sein, er hindert ihn blos es zu leiden, dass man ihm dergleichen vorwirft; das wäre eine Beleidigung, die er unfehlbar mit Blut abwaschen würde, die ihn selbst gegen seines Herrn Sohn das Schwert ziehen lässt. Auch hier bleibt er im Grunde ganz in seiner Stelle als Werkzeug: wer es an der Schneide anfasst, wird verletzt.

Indessen sowenig der Herzog höhere Gesichtspunkte hat, etwas anderes will als blosser Arm oder noch lieber rechte Hand sein, eins will er auf jeden Fall noch mehr: – sich. Er ist conservativ, um sich zu conserviren vor allen Dingen, und wird er bedroht, seine Stellung gefährdet, so wird er allenfalls selbst revolutionär, wie andere Conservative. Auch dies sieht man am besten aus der Unterhaltung mit Domingo, wo die beiden Edeln ihre Ansichten über die damalige Weltlage austauschen. Seiner Rolle getreu, war der Priester noch klüger als er, schwieg aber, denkend: „Entwischte Worte sind beleidigte Vertraute“, doch da Alba anfängt, so hält auch er nicht länger mit den

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/163&oldid=- (Version vom 1.8.2018)