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WALLENSTEIN.
(Wallenstein.)


Dass „Wallenstein“, diese herrlichste Schöpfung unsers Schiller, auch die vollendetste Tragödie sei, die das deutsche Theater überhaupt besitzt, ist allmählich überall zur Anerkennung gekommen. Wenn dem also ist, so liegt vielleicht der Hauptgrund darin, dass der Held der mächtigen Trilogie zugleich auch die bei weitem am meisten gelungene, die fesselndste und bis ins kleinste Detail hinaus am meisterhaftesten durchgeführte Figur desselben, ja dass es hier vielleicht das einzige mal ist, wo es deutscher Dichtkunst gelang, uns das Wesen des Genie unwiderstehlich wahr zu zeigen, die dämonische Kraft desselben vollständig zur Erscheinung zu bringen.

Nicht als ob nicht auch die übrigen Gestalten des Stücks wie das Verhältniss, in dem sie zueinander stehen in der fortschreitenden Entwickelung der Handlung, weniger bewunderungswürdig, weniger aus der reinsten und höchsten Poesie hervorgegangen erschienen; sie alle aber werden uns nur von einzelnen Seiten her gezeichnet, während des Friedländers Gestalt bis in jede Falte des Herzens verfolgt wird.

Gleich im Prolog setzt uns der Dichter sofort auf die nöthige Höhe, um das Feld seiner Darstellung zu überblicken, indem er uns den Zustand Deutschlands seit Beginn des Dreissigjährigen Kriegs schildert und fortfährt:

Auf diesem finstern Zeitgrund malet sich
Ein Unternehmen kühnen Uebermuths
Und ein verwegener Charakter ab.
Ihr kennet ihn – den Schöpfer kühner Heere,
Des Lagers Abgott und der Länder Geisel,
Die Stütze und den Schrecken seines Kaisers,
Des Glückes abenteuerlichen Sohn,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/170&oldid=- (Version vom 1.8.2018)