Der, von der Zeiten Gunst emporgetragen,
Der Ehre höchste Staffel rasch erstieg
Und, ungesättigt immer weiter strebend,
Der unbezähmten Ehrsucht Opfer fiel –
und uns dann auf die nähere Ausführung, die vorzugsweise Gegenstand künstlerischer Ergänzung und Belebung der Geschichte ist, vorbereitet:
Doch euern Augen soll ihn jetzt die Kunst,
Auch euerm Herzen menschlich näher bringen:
Denn jedes Aeusserste führt sie, die alles
Begrenzt und bindet, zur Natur zurück;
Sie sieht den Menschen in des Lebens Drang
Und wälzt die grössre Hälfte seiner Schuld
Den unglückseligen Gestirnen zu.
Auf dem Hintergrund ebenso furchtbarer Massen als bedeutender Charaktere, die ihn umgeben, wie sie uns schon im „Lager“, und weiter Schritt vor Schritt in den „Piccolomini“ geschildert werden, tritt dann seine gewaltige, alles überragende Gestalt nur um so mächtiger hervor. Diese selbst ist der Aufhellung der wirklichen Geschichte mit so bewunderungswürdigem Scharfsinn, mit so ausserordentlicher Divinationsgabe vorangegangen, ihre spätern Forschungen haben so sehr dazu gedient, die Auffassung des Dichters zu rechtfertigen, dass der zeichnende Künstler kaum etwas anderes thun konnte, als sich an die historischen Porträts zu halten, wie sie uns von van Dyck u. a. überliefert worden sind.
Es ist ein strenges, echt soldatisches Gesicht, das uns alle diese Bildnisse zeigen, äusserlich kalt und doch der rücksichtslosesten, verzehrendsten Leidenschaft fähig, mager, starkknochig, mit schwarzem, durchdringendem, ruhig und schwer blickendem Auge. Die höchste Willens - und Thatkraft spricht aus dem ganzen Kopf, gepaart mit undurchdringlicher Verschlossenheit, einem Hang zu tiefsinniger Reflexion, ja selbst zu mystischem Grübeln, die Vorliebe für das Wunderbare und Geheimnissvolle zeichnet sich in der übermässig hochgewölbten Stirn mit den scharf abgeschlossenen Seitenwänden. Den festesten Muth aber, auch das ganz realistisch der Erde zugewandte Trachten charakterisirt der zusammengepresste Mund, die vorgedrückte Unterlippe,
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/171&oldid=- (Version vom 1.8.2018)