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ein würdiger Gegner Wallenstein’s, der einzige von all den Generalen ausser ihm, welcher höhere Gesichtspunkte hat, während sie den andern, selbst dem Max, abgehen; sie alle betrachten den Krieg als ihren Beruf, als ein Handwerk, das sie mit Lust um seiner selbst willen treiben; er allein kennt ihn als ein blosses Mittel und zwar als das letzte, äusserste und traurigste, und spricht es aus:

  Es gibt
Noch höhern Werth, mein Sohn, als kriegerischen;
Im Kriege selber ist das letzte nicht der Krieg.

Die Ueberlegenheit seines Geistes erklärt denn auch vollständig jenen mächtigen Einfluss, den er auf die Entschliessungen der übrigen Generale ausübt, sie beugen sich aber blos der Macht seiner Gründe, er lenkt sie nach seiner Absicht, weil er die Motive kennt, die auf jeden einzelnen Eindruck machen, und sich ihrer versichert, während sie Wallenstein durch die Macht seines Willens und den Zauber seiner Person allein schon besiegt, und nur die nachträgliche kühlere Ueberlegung sie ihm wieder entfremdet.

Octavio ist zu sehr Diplomat, zu sehr Verstandesmensch, als dass er eine eigentliche Heldennatur wie der Friedländer haben könnte, wenn er auch nirgends niedrig denkt. Seine Klugheit, seine kalte Ruhe ist aber so vorherrschend, dass sie allen andern unheimlich wird und ihn der eine einen „alten Fuchs“, der andere eine „falsche Katze“ schilt, der „listige Welsche“ ihm jedenfalls nie geschenkt wird. Wie alle geistesscharfen Menschen ohne eigentliche Schöpferkraft, erweckt er zunächst eher Widerwillen, und muss uns seine Vorzüge erst beweisen, – was nur durch die Art seines Seins hervorgerufen werden kann, denn Wallenstein ist ebenso wenig aufrichtig als er, verfolgt noch persönlichere Zwecke, wählt noch weniger moralische Mittel und unterliegt diesem Vorurtheil doch nicht, sondern bezaubert. Octavio’s Zwecke bestehen sogar immerhin noch eher vor dem Richterstuhl der Moral, als die des Wallenstein. Er ist nicht mehr ehrlich gegen den Freund, als dieser ein Verräther wird, und seine Rechtfertigung gegen Max, der ihm die Falschheit vorwirft:

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/187&oldid=- (Version vom 1.8.2018)