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Ihr werdet ihn durch Eure Staatskunst noch
Zu einem Schritte treiben – ja, Ihr könntet ihn,
Weil Ihr ihn schuldig wollt, noch schuldig machen.

Auf die höchste Höhe wird unsere Theilnahme für ihn gesteigert, wenn er, als Wallenstein selber ihm keinen Zweifel mehr an seinem Verrathe übrig lässt, alle hinreissende Macht jugendlicher Beredsamkeit aufwendet um ihn zurückzuhalten, ihn wirklich, wenn auch fruchtlos, für einen Augenblick erschüttert.

Als er sieht, dass alles verloren, dass er sich im Vater und Feldherrn gleich sehr getäuscht, geht der unheilbare Riss durch sein Gemüth, den er so schön durch die Worte malt:

Weh mir! Ich habe die Natur verändert.
Wie kommt der Argwohn in die freie Seele?
Vertrauen, Glaube, Hoffnung ist dahin.
Denn alles log mir, was ich hochgeachtet.

Aber nur Gleichgesinnte können sich vollkommen verstehen, daher weder Octavio, Wallenstein, noch die Terzky die Partei, die Max im Streit ergreifen wird, richtig beurtheilen, während sie Thekla sogleich fühlt und mit Sicherheit voraussetzt:

  Sein Entschluss wird bald
Gefasst sein, daran zweifelt nicht. Entschluss!
Ist hier noch ein Entschluss?

In dieser letzten Unterredung, die er mit Wallenstein hat, sehen wir ihn dargestellt, nachdem er die Entscheidung in Thekla’s Hände gelegt und von ihr auf sein erstes Gefühl zurückgewiesen, von allen andern zurückgestossen wird. Die Verzweiflung fasst hier endlich sein Herz, der Gedanke, den Tod zu suchen, überkommt ihn, jene Masslosigkeit in der Empfindung, die der Jugend eigen ist, die niemals einen Ausweg sieht, und er weiht sich und die Kameraden, die ihn an die verhasste Pflicht mahnen, dem Untergang:

Ihr reisst mich weg von meinem Glück, wohlan,
Der Rachegöttin weih’ ich eure Seelen!
Ihr habt gewählt zum eigenen Verderben;
Wer mit mir geht, der sei bereit zu sterben!



Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/197&oldid=- (Version vom 1.8.2018)