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GUSTEL VON BLASEWITZ.
(Wallenstein.)


Eine lange Kriegsperiode schafft wie ein langer Friede sich eigene Charaktere, die eben nur gerade unter diesen Verhältnissen möglich wurden. Wallenstein, Max, Isolani und so viele andere kann man sich ohne den Hintergrund dieses endlosen Kampfes nicht denken, ebenso wenig die beiden schätzbaren Personen, denen das Amt der Stärkung des geistigen und des leiblichen Menschen vorzugsweise zugefallen ist in dem grossen Drama, das der Dichter vor unsern Augen abwickelt: der Kapuziner und die Gustel von Blasewitz, und die er diese Rolle mit so energischer Action übernehmen lässt, dass sie beide sich unserm Gedächtniss aufs festeste einprägen, trotzdem dass sie mit wenigen, wenn auch ebenso kühnen als sichern Strichen hingemalt sind. Dies ist besonders bei der Gustel der Fall, die sich darum einer wohlgegründeten Popularität in beiden Hemisphären erfreut und eine grosse Schar von warmen Verehrern unter allen Primanern, Cadetten und Corporalen besitzt, die sich in ihren zahlreichen Nebenstunden mit der schönen Literatur befassen.

Die Veranlassung zu dem drolligen Namen gab bekanntlich eine zu Schiller’s Zeiten ihrer Schönheit halber berühmte Wirthstochter in Blasewitz, einem bei Dresden dem damaligen Aufenthaltsorte des Dichters in Loschwitz gegenüber an der Elbe gelegenen Dorfe, die eigentlich Auguste Segadin hiess und deren Reize dem hübschen Platze am lachenden Stromufer eine grosse Zahl von jungen und fröhlichen Besuchern zuzogen, unter denen sich auch der Dichter befand. Er veranstaltete damals mit Körner, Naumann u. a. theatralische Aufführungen, zu denen er auch sie beizuziehen wünschte, jedoch von

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/218&oldid=- (Version vom 1.8.2018)