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Nach diesem Ausbruche tödlichsten Hasses und widrigster Lüsternheit empfinden wir es als eine Erleichterung, wenn sie Leicester gegenüber wieder Königin wird:

So glücklich bin ich nicht, dass ich dem Manne,
Der mir vor allen theuer ist, die Krone
Aufsetzen kann! – Der Stuart ward’s vergönnt,
Die Hand nach ihrer Neigung zu verschenken;
Die hat sich jegliches erlaubt. . . .
Doch zog ich strenge Königspflichten vor.
Und doch gewann sie aller Männer Gunst,
Weil sie sich nur befliss ein Weib zu sein.

Diese Reflexionen hindern sie aber nicht, gleich darauf ebenfalls als Weib mit allen Schwächen aufzutreten und zu sagen:

Und ist’s denn wirklich wahr, dass sie so schön ist?
So oft musst’ ich die Larve rühmen hören.

Sogar der niedrige Grund wirkt auf sie, den ihr der Günstling anführt:

Du kannst sie auf das Blutgerüste führen,
Es wird sie minder peinigen, als sich
Von deinen Reizen ausgelöscht zu sehn.
Dadurch ermordest du sie, wie sie dich
Ermorden wollte –

und sie lässt sich durch denselben wirklich berücken.

In der nun folgenden berühmten Scene zwischen beiden Königinnen hat Schiller das Odiose wieder auf Elisabeth fallen lassen, und ebenso, wenn sie die Unmöglichkeit der Versöhnung zwischen ihr und der Kirche ausspricht, deren Repräsentantin Maria ist:

 Draussen, Lady Stuart,
Ist Eure Freundschaft, Euer Haus das Papstthum.

Hier würde ihr unser Verstand unbedingt recht geben müssen, wenn sie unser Gefühl nicht durch den darauffolgenden unnöthigen persönlichen Hass gegen die hülf- und schutzlos vor ihr liegende Feindin so sehr verletzte.

Durch diesen getrieben, durch die Begegnung mit Maria und den Verrath Leicester’s als Weib vollends aufs schwerste gereizt,

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/228&oldid=- (Version vom 1.8.2018)