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Nichts lebt in mir in diesem Augenblick,
Als meiner Leiden brennendes Gefühl.
In blut’gen Hass gewendet wider sie
Ist mir das Herz –

so fühlen wir es mit, so gut als wenn ihr ahnt, dass daraus nichts Gutes entstehen kann, da sie selbst weit entfernt ist, vergeben zu haben. Ja, dass noch der ganze unbeugsame Stolz der Königin in ihr lebt, wenn sie sagt:

Der Himmel hat für Euch entschieden, Schwester!
Gekrönt vom Sieg ist Euer glücklich Haupt:
Die Gottheit bet’ ich an, die Euch erhöhte! –

finden wir ebenso erklärlich, als dass sie, wenn das Weib in ihr aufs tiefste beleidigt wird, glühend auffährt:

Ich habe menschlich, jugendlich gefehlt,
Die Macht verführte mich, ich hab’ es nicht
Verheimlicht und verborgen. . . .
Weh’ Euch, wenn sie von Euern Thaten einst
Den Ehrenmantel zieht, womit Ihr gleissend
Die wilde Glut verstohlner Lüste deckt. . . .
– Regierte Recht, so läget Ihr vor mir
Im Staube jetzt: denn ich bin Euer König.

Hier aber bricht das Dämonische ihrer Natur noch einmal heraus, unsere schöne Königin fühlt zunächst nichts als die Befriedigung, den Sieg davongetragen zu haben in diesem weiblichen Zungenduell:

O wie mir wohl ist, Hanna! Endlich, endlich,
Nach Jahren der Erniedrigung, der Leiden,
Ein Augenblick der Rache, des Triumphs!
Wie Bergeslasten fällt’s von meinem Herzen,
Das Messer stiess ich in der Feindin Brust.

Dieser Triumph führt sofort die schwerste Strafe herbei, die ihr werden konnte. Durch Mortimer wird ihr bewiesen, dass die Feindin Elisabeth eigentlich recht hat, da sie selbst in den Augen eines Freundes und Anhängers ebenso tief steht, als in denen der Gegnerin, wenn sie von ihm erfährt, dass dieser vermeintliche Sieg nichts als die wildeste Sinnlichkeit wecken konnte:

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/236&oldid=- (Version vom 1.8.2018)