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bis dahin, wo er mit Freimuth und einer Heftigkeit, wie sie nur das Bewusstsein, der Vertreter eines Princips zu sein, geben kann, der Königin ihre Pflicht vorhält:

Erwarte, zögre, säume, bis das Reich
In Flammen steht, bis es der Feindin endlich
Gelingt, den Mordstreich wirklich zu vollführen.
Dreimal hat ihn ein Gott von dir entfernt;
Heut’ hat er nahe dich berührt: noch einmal
Ein Wunder hoffen, hiesse Gott versuchen. . . .
– Du sagst, du liebst dein Volk, mehr als dich selbst,
Das zeige jetzt! Erwähle nicht den Frieden
Für dich und überlass das Reich den Stürmen.
– Denk’ an die Kirche! Soll mit dieser Stuart
Der alte Aberglaube wiederkehren?
Der Mönch aufs neu’ hier herrschen, der Legat
Aus Rom gezogen kommen, unsre Kirchen
Verschliessen, unsre Könige entthronen? . . . .
Des Volkes Wohlfahrt ist die höchste Pflicht;
Hat Shrewsbury das Leben dir gerettet,
So will ich England retten – das ist mehr! –

und mit denen er die Achtung wiedergewinnt, welche seine anscheinende Herzlosigkeit ihm entzogen, da wir nun sehen, dass, wenn ihm an den Personen nichts liegt, doch das Wohl des Vaterlandes der höchste und letzte Grund all seiner Handlungen ist. Diese höhere Pflicht lässt ihm die starre, unbeugsame Haltung noch, als er das Todesurtheil zum Vollzug bringt, in welchem Moment ihn der Künstler, Maria’s letzte Wünsche vernehmend, aufgefasst hat.



Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/261&oldid=- (Version vom 1.8.2018)