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Noch mischt sich aber der Egoismus in diese Empfindung, die – Mitgift der Braut kommt ebenfalls in Betracht, da er sich entschliesst alles an ihre Eroberung zu setzen:

Barak! verrath’ mich nicht. – Jetzt oder nie!
Dies ist der Augenblick, mein Glück zu wagen.
Wozu dies Leben sparen, das ich hasse?
– Ich muss auf einen Zug die schönste Frau
Der Erde und ein Kaiserthum mit ihr
Gewinnen oder dies verhasste Leben
Auf einen Zug verlieren.

Wie Turandot, muss auch ihn die Liebe erst schmelzen und läutern, ehe ein wirkliches echtes Bündniss möglich ist. Diesen Process nun der allmählichen Reinigung und Erhebung der Leidenschaft zum Edelmuth und zur Aufopferung hat uns der Dichter mit unnachahmlicher Meisterschaft dargestellt; er gehört ganz ihm, denn Gozzi’s sinnliche Natur hat kaum eine Ahnung von dieser gegenseitigen Erziehung, die zur echten Liebe nöthig ist.

Der Künstler hat uns den Prinzen dargestellt, wie er eben das erste Räthsel löst und sich noch im vollen Gefühl seiner geistigen Ueberlegenheit befindet, sodass ein ironischer Uebermuth seine Lippen kräuselt, ihn das Abenteuer reizt und herausfordert, weil er seine Kräfte demselben so überflüssig gewachsen findet. Die raschen Schicksalswechsel, die im Orient in den Regionen der Höfe so alltäglich sind, motiviren aber nur um so mehr diese Lust am Verwegenen und Abenteuerlichen bei bedeutenden Charakteren, und es war daher unumgänglich nothwendig, auch dieses orientalische Element im Prinzen zur Erscheinung zu bringen.



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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/397&oldid=- (Version vom 1.8.2018)