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ANDREAS DORIA.
(Die Verschwörung des Fiesco.)


Die Jugend versteht unter der Freiheit gewöhnlich die Unbegrenztheit, die Masslosigkeit oder eine Art gemüthlicher Anarchie, während sie doch gerade in der Entfernung von aller Willkür, in der freiwilligen Unterwerfung unter die organischen Gesetze, sei’s des Staats, sei’s des Kunstwerks, besteht.

Den Fortschritt, welchen Schiller that, als er von den ungeheuerlichen Gestalten der „Räuber“ zu einem historischen Gegenstand überging, ist daher unbestreitbar, da dieser ihn nöthigte, die fessellos überwuchernde Phantasie durch die bestimmter Zeichnung und lokalisirter Färbung bedürftigen Gestalten eines solchen Vorwurfs in ihre natürlichen Grenzen zurückzuzwingen, und sie so dadurch allmählich zu ihren schönsten Blüten brachte. Allerdings ist dieser erste Versuch, den Schiller im „Fiesco“ machte, sich den Forderungen eines geschichtlichen Stoffs anzubequemen, im ganzen noch nicht gelungen, er zeigt im Gegentheil noch dieselbe, ja vielleicht eine noch grössere Verwilderung, als sie uns in den „Räubern“ zurückstösst, ohne dieselbe ursprüngliche Kraft in gleichem Masse zu entwickeln. Aus der naturalistischen Roheit kommen wir zu einer oft hohlen pathetischen Phrase, wie der nachgemachte, angeblich altrömische Republikanismus des Stücks eine ist, der keinen Platz auf dieser Welt schon darum hat, weil kein eigentlicher Inhalt, keine bestimmte Vorstellung darin steckt, weil er keinen Körper hat, sondern nur ein Schemen ist. Sein Vertreter Verrina bleibt eigentlich mit all seiner wilden und echten Energie, aus Mangel an allen positiven Ideen, immer nur bei der Verneinung stehen; er ruft beständig „Freiheit“, gibt uns aber

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/82&oldid=- (Version vom 1.8.2018)