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die edlen Deutschen, die sich für sie erklärt, zu schätzen wissen, als die ihrigen ansehn und behandeln und nicht etwa aufopfern oder ihrem Schicksale überlassen, sondern sie mit Ehren, Gütern und Zutrauen überhäufen.

Der Geheimerath behauptete dagegen, es sey lächerlich zu denken, daß die Franzosen nur irgend einen Augenblick, bey einer Capitulation oder sonst für sie sorgen würden, vielmehr würden diese Leute gewiß in die Hände der Alliirten fallen und er hoffe sie alle gehangen zu sehen.

Diese Drohung hielt Karl nicht aus und rief vielmehr: er hoffe, daß die Guillotine auch in Deutschland eine gesegnete Erndte finden und kein schuldiges Haupt verfehlen werde. Dazu fügte er einige sehr starke Vorwürfe, welche den Geheimerath persönlich trafen und in jedem Sinne beleidigend waren.

So muß ich denn wohl, sagte der Geheimerath: mich aus einer Gesellschaft entfernen, in der nichts was sonst achtungswerth schien, mehr geehrt wird. Es thut mir leid, daß ich zum zweytenmal, und zwar durch einen Landsmann vertrieben werde; aber ich sehe wohl, daß von diesem weniger Schonung als von den Neufranken zu erwarten ist, und ich finde wieder die alte Erfahrung bestätigt, daß es besser sey den Türken als den Renegaten in die Hände zu fallen.

Mit diesen Worten stand er auf und gieng aus dem Zimmer. Seine Gemahlin folgte ihm. Die Gesellschaft schwieg. Die Baronesse gab mit einigen, aber starken,

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten. In: Die Horen 1795, Band 1–4. Cotta, Tübingen 1795, Seite 1-61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Die_Horen_1-1795.pdf/77&oldid=- (Version vom 1.8.2018)