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und auf ihren Werth eingebildete Thoren beschämt, zurecht gewiesen oder betrogen werden; wo jede Anmassung auf eine natürliche, ja auf eine zufällige Weise bestraft wird; wo Vorsätze, Wünsche und Hoffnungen bald gestöhrt, aufgehalten und vereitelt, bald unerwartet angenähert, erfüllt und bestätigt werden. Da wo der Zufall mit der menschlichen Schwäche und Unzulänglichkeit spielt, hat er am liebsten seine stille Betrachtung und keiner seiner Helden, deren Geschichten er bewahrt, hat von ihm weder Tadel zu besorgen noch Lob zu erwarten.

Baronesse. Ihre Einleitung erregt den Wunsch bald ein Probstück zu hören. Ich wüßte doch nicht, daß in unserm Leben, (und wir haben doch die meiste Zeit in Einem Kreise zugebracht,) vieles geschehen wäre, das man in eine solche Sammlung aufnehmen könnte.

Der Alte. Es kommt freylich vieles auf die Beobachter an, und was für eine Seite man den Sachen abzugewinnen weiß; aber ich will freylich nicht leugnen, daß ich auch aus alten Büchern und Traditionen manches aufgenommen habe. Sie werden mitunter alte Bekannte vielleicht nicht ungern in einer neuen Gestalt wieder antreffen. Aber eben dieses giebt mir den Vortheil, den ich auch nicht aus den Händen lassen werde: – man soll keine meiner Geschichten deuten!

Luise. Sie werden uns doch nicht verwehren unsre Freunde und Nachbarn wieder zu kennen und wenn es uns beliebt das Räthsel zu entziffern.

Der Alte. Keineswegs. Sie werden mir aber auch

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten. In: Die Horen 1795, Band 1–4. Cotta, Tübingen 1795, Seite 1-77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Die_Horen_1-1795.pdf/93&oldid=- (Version vom 1.8.2018)