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V
Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten.

Fortsetzung.

Diese Geschichte gefällt mir, sagte Luise, als der Alte geendigt hatte, und ob sie gleich aus dem gemeinen Leben genommen ist; so kommt sie mir doch nicht alltäglich vor. Denn wenn wir uns selbst fragen und andere beobachten; so finden wir, daß wir selten durch uns selbst bewogen werden, diesem oder jenem Wunsche zu entsagen; meist sind es die äußern Umstände die uns dazu nöthigen.

Ich wünschte, sagte Karl, daß wir gar nicht nöthig hätten uns etwas zu versagen, sondern daß wir dasjenige gar nicht kennten was wir nicht besitzen sollen. Leider ist in unsern Zuständen alles so zusammen gedrängt, alles ist bepflanzt, alle Bäume hängen voller Früchte und wir sollen nur immer drunter weggehen, uns an dem Schatten begnügen und auf die schönsten Genüsse Verzicht thun.

Lassen Sie uns, sagte Luise zum Alten, nun Ihre Geschichte weiter hören.

Der Alte. Sie ist wirklich schon aus.

Luise. Die Entwicklung haben wir freylich gehört, nun möchten wir aber auch gerne das Ende vernehmen.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten. In: Die Horen 1795, Band 1–4. Cotta, Tübingen 1795, Seite 9-45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Die_Horen_3-1795.pdf/255&oldid=- (Version vom 1.8.2018)