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Er steht aber noch nicht am Flusse, versetzte die Schöne.

Noch ruht er in den Tiefen der Erde, sagte die Schlange; ich habe die Könige gesehen und gesprochen.

Aber wann werden sie aufstehen? fragte Lilie.

Die Schlange versetzte, ich hörte die grossen Worte im Tempel ertönen: es ist an der Zeit.

Eine angenehme Heiterkeit verbreitete sich über das Angesicht der Schönen. Höre ich doch, sagte sie, die glücklichen Worte schon heute zum zweytenmal, wann wird der Tag kommen, an dem ich sie dreymal höre?

Sie stand auf und sogleich trat ein reitzendes Mädchen aus dem Gebüsch, das ihr die Harfe abnahm. Dieser folgte eine andere, die den elfenbeinernen, geschnitzten Feldstuhl, worauf die Schöne gesessen hatte, zusammenschlug und das silberne Kissen unter den Arm nahm. Eine Dritte die einen grossen, mit Perlen gestickten Sonnenschirm trug, zeigte sich darauf erwartend ob Lilie, auf einem Spatziergange, etwa ihrer bedürfe. Ueber allen Ausdruck schön und reitzend waren diese drey Mädchen und doch erhöhten sie nur die Schönheit der Lilie, indem sich jeder gestehen mußte, daß sie mit ihr gar nicht verglichen werden konnten.

Mit Gefälligkeit hatte indeß die schöne Lilie den wunderbaren Mops betrachtet. Sie beugte sich, berührte ihn und in dem Augenblicke sprang er auf. Munter sah er

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten. In: Die Horen 1795, Band 1–4. Cotta, Tübingen 1795, Seite 10-131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Die_Horen_4-1795.pdf/139&oldid=- (Version vom 1.8.2018)