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Was droben dort in jenem heilgen Schweigen

     Des Athers, drunten sich im Staube regt,
Und in der Welle spielt, und in den Zweigen
     Der Fichte rauscht, und dir im Herzen schlägt,
Und dir im Auge, jetzt von Thränen trübe,

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Jetzt freudentrunken himmlisch glänzt, ist – Liebe.


Nur Liebe war die Schöpferinn der Wesen,
     Und ward der Liebgebohrnen Lehrerinn.
Willst du den Sinn des großen Buches lesen,
     Das vor dir liegt; sie ist die Seele drinn.

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Und will dein Geist, und soll dein Herz genesen,

     So folge treu der hohen Führerinn;
Wer außer ihr, der Mutter alles Lebens,
Natur und Wahrheit suchet, sucht vergebens.

Sie ist Natur; sie bildete Gestalten,

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     Naht und verknüpfet und beseligt sie;

Sie läßt den Keim zur Blume sich entfalten,
     Daß in der schönen Blume Liebe blüh’.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1796. Neustrelitz: Michaelis, 1796, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1796_126.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)