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     »Er gab mir eine Harfe von Gold,
»Damit ich meine Sorgen beschwichtigen sollt’.«
     »Nun, Tochter, ich schwöre beim heiligen Gott,

20
»Ihr beide müßt sterben den schmählichsten Tod.

     »Ritter Ingild muß hangen hoch oben auf Gaal,[1]
»Und brennen mußt du tief unten im Thal.«
     Schön Sidselil nahm ihre Harfe gut,
Zu schwichtigen ihren traurigen Muth.

25
     Sie schlich wohl hin im Mondenschein

Vor Ritter Ingilds Kämmerlein.
     Sie schlug die lispelnden Saiten an,
Zu wecken den schlafenden Rittersmann.
     Sie schlug die Saiten rauschender an;

30
Noch säumte der träumende Rittersmann.

     Sie flisperte leise zum Schlüsselloch ’nein:
»Wach auf, Ritter Ingild, und laß mich ein!«

  1. Gaal, der Richtplatz
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1796. Neustrelitz: Michaelis, 1796, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1796_159.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)